Welt
Multimedia-Kurse ermöglichen Sprachkompetenz trotz Gehörbehinderung
Wien - Im Rahmen des EU-geförderten
Forschungsprojektes SMILE (4. EU-Rahmenprogramm) wird an einer
Problemlösung des Erwerbs von Schriftsprachenkompetenz für gehörlose
Menschen gearbeitet. Forschungsziel von SMILE ist die Entwicklung eines
Multimedia-Kurses, der hörbehinderten Menschen den Zugang zu
geschriebener Information erleichtern soll.
Die Interpretation von geschriebenem und gesprochenem Text zählt zu den
zentralen Problemen der Informationsaufnahme und -verarbeitung von
Hörbehinderten. Ihr eingeschränktes Sprachverständnis erschwert den
Zugang zu Informationen – zu Zeitungen, Magazinen besonders auch zu
neuen Kommunikationsmedien, wie Internetanwendungen, WWW, E-Mail,
etc. Den Betroffenen droht ein Ausschluss aus der Informationsgesellschaft
und damit eine weitere Verschlechterung ihrer ohnedies reduzierten Chancen
am Arbeitsmarkt.
Der Projektleiter von SMILE, Gernot Kronreif vom Forschungszentrum
Seibersdorf, dazu: „Die Herausforderung dieses Projektes ist es, Menschen
mit speziellen Bedürfnissen gleichberechtigten Zugang zu möglichst vielen
Lebensbereichen zu ermöglichen. Unser besonderer Augenmerk liegt daher in
der strikten Einbeziehung der User-Gruppe, also gehörbehinderter Menschen.
Wir müssen deren Probleme und Bedürfnisse klar erkennen um auf sie
eingehen zu können.“
Um diesen Anspruch zu gewährleisten werden von CURE, dem Wiener Center
for Usability Research & Engineering im Verlauf des Projekts an
verschiedenen Orten Tests mit gehörlosen Jugendlichen und Erwachsenen
durchgeführt: in Klagenfurt (Österreich), Malmö (Schweden) und Edinburgh
(Schottland).
Mittels Usability-Techniken wird die SMILE-Software hinsichtlich ihrer
Benutzbarkeitsaspekte überprüft und zugleich anhand von didaktischen
Kriterien (wie z.B. der Lerneffizienz, des Erlernens grammatikalischer Regeln
und der Erreichung von Lernzielen) bewertet. Die gewonnenen Erkenntnisse
und Verbesserungsvorschläge fließen direkt in den Entwicklungsprozess der
Software ein und sind maßgebend für deren Benutzbarkeit und der damit
verbundenen Benutzer-Akzeptanz sowie den erfolgreichen Einsatz des
Endproduktes. Der Projektverantwortliche von CURE, Peter Fröhlich: “Gerade
bei der Benutzergruppe der Gehörlosen, die oft unangenehme Erfahrungen
mit dem Erlernen der Schriftsprache gemacht haben, bietet Lernsoftware ein
großes Motivationspotential. Gleichzeitig ist es aber sehr wichtig, dass die
gehörlosen Lernenden - oft haben sie nur geringe Computerkenntnisse –
nicht wieder durch eine zu komplizierte Benutzeroberfläche irritiert und
verunsichert werden. Aus Usability-Sicht muss bei solchen Programmen
besonders dafür gesorgt werden, dass speziell auf die Benutzergruppe
zugeschnittene Angebote (wie z.B. Gebärdensprachen-Videos) auch gut
zugänglich und damit nutzbar gemacht werden.“
Im Rahmen des Forschungsprojektes wird ein Prototyp der Kurssoftware in
Deutsch, Englisch und Schwedisch entwickelt. Es ist geplant, eine
Endversion der SMILE-Software als CD-ROM für den Handel erhältlich zu
produzieren. Voraussichtliches Datum dafür ist Jahresende 2001. (pts)