Wien - Heinz Mayer ist die Ausnahme. Der Universitätsprofessor wird, so keine Pensions- oder Uni-Reformen dazwischenkommen, mit 68 Jahren emeritiert werden und in Pension gehen. Er wird damit acht Jahre länger arbeiten als der Großteil der Österreicher: Nur 15 Prozent der Männer und sechs Prozent der Frauen sind im Alter zwischen 60 und 65 Jahren noch nicht in Pension. Viel zu wenig, findet Bundeskanzler Wolfgang Schüssel: Er wünscht sich, dass künftig möglichst viele Österreicher bis 65 arbeiten.Zuwanderungs-Tür Nicht nur, weil das durch niedrige Geburtenraten und hohe Lebenserwartung belastete Pensionssystem entlastet würde: "Es gibt Arbeitskräfteknappheit in manchen Bereichen. Da könnte man die Reserve der Älteren heranziehen." Noch dazu, wo es wenig andere Möglichkeiten gebe, als tatsächlich bis zum gesetzlichen Pensionsalter zu arbeiten - und alle hätten Nachteile: "Junge Menschen müssen erst ausgebildet werden, Zuwanderer haben oft ein Problem mit Sprache und Integration. Wir müssen das Reservoir bei uns ausschöpfen, um nicht die Tür weit aufmachen zu müssen." Wie dieses Heranführen an das gesetzliche Pensionsalter, das im ASVG-Bereich für Männer bei 65, für Frauen bei 60 Jahren liegt, passieren soll, darüber sollen laut Schüssel Sozialpartner nachdenken: Die Regierung habe mit der Pensionsreform, in der das Frühpensionsalter für ASVG- Versicherte angehoben wurde, ihre Arbeit "für diese Legislaturperiode erledigt". Riess-Passer wünscht "gleiche Spielregeln" Während Schüssel für den ASVG-Bereich vorerst eine Pensionsreform ausschloss, kann sich Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer für den öffentlichen Dienst Änderungen vorstellen: Beamte gehen - wenn die Pensionsreform voll wirkt - mit 61,5 Jahren in Pension. Riess-Passer wünscht sich "gleiche Spielregeln für alle", für ASVG-Versicherte und Beamte. Mit der Harmonisierung der Pensionssysteme könne, so Riess-Passer zum STANDARD, diese Legislaturperiode begonnen werden. Auch, weil die Harmonisierung lange Übergangsfristen brauche und nicht "Knall auf Fall" geschehen dürfe. Im Zusammenhang mit der Besoldungsreform, mit der die Einkommenskurve verflacht wird, will Riess-Passer über "Harmonisierung im ganzen Sozialsystem nachdenken". Verfassungsjurist Heinz Mayer, im Vorjahr Vorsitzender der Beamtenpensionskommission, hält das für eine vernünftige Idee: "Uns war schon im Vorjahr klar, dass das Pensionsalter für Beamte möglichst rasch auf 65 Jahre angehoben werden muss." Ausnahmen kann er sich im Standard-Gespräch für Exekutiv- oder ähnlich schwer arbeitende Beamte vorstellen. Zumutbar sei eine Änderung für derzeit 45-jährige Beamte. Beim Gipfel in Stockholm fasste die EU den Plan, den Erwerbsanteil der über 54- Jährigen auf 50 Prozent zu erhöhen. Dieses Ziel kann nach Meinung des Sozialforschers Bernd Marin nur erreicht werden, wenn das Durchschnitts-Pensionsalter um zweieinhalb Jahre angehoben wird. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 3. 5. 2001)