Modena - "Luciano, Luciano", schallte es Pavarotti bei seinem 40. Bühnenjubiläum entgegen. Drei Tage später hat sich das Blatt für den italienischen Startenor gewendet: Seit Mittwoch muss sich Luciano Pavarotti (65) wegen Steuerhinterziehung vor einem Gericht in seiner Heimatstadt Modena verantworten. Zum Auftakt glänzte der Angeklagte allerdings durch Abwesenheit. Die Staatsanwaltschaft wirft "Big Luciano" vor, zwischen 1989 und 1995 Steuern in Höhe von mehr als 20 Millionen Mark (10,23 Mill. Euro/141 Mill. S) hinterzogen zu haben. Pavarotti hatte zwar im Juli 2000 angekündigt, er wolle dem Staatssäckel satte 25 Millionen Mark (12,78 Mill. Euro/176 Mill. S) zukommen lassen - in Raten. Das italienische Fernsehen zeigte den gewichtigen Sänger Auge in Auge mit Finanzminister Ottaviano Del Turco, in der Hand ein Glas Sekt zum Anstoßen. "Die Justiz muss dennoch aktiv werden", erläutert ein Prozessbeobachter. Das Verfahren wurde nach kurzer Verhandlung auf September vertagt. Dann soll der "Tenorissimo" aussagen. Für die Anklage steht fest: Der Wohnsitz des Sängers im Steuerparadies Monte Carlo ist nur fiktiv. Tatsächlich lebe Pavarotti mit seiner Gefährtin Nicoletta inmitten ausgedehnter Ländereien bei Modena. In der Nachbarschaft befinde sich ein Reitsportzentrum im Wert von etwa 4,3 Millionen Mark. Süffisant merkten die Verfasser zum "Fall Pavarotti" in einer Zeitschrift des Finanzministeriums an: "Als Wohnsitz hat er sich ein Dorf gebaut und für seinen Zeitvertreib eine ganze Pferderennbahn." Pavarotti hält dagegen: "Ich bin ein Globetrotter, der viel verdient, aber auch sehr viel für wohltätige Zwecke ausgibt." In den italienischen Medien rangierte die Nachricht über den Prozessauftakt "unter ferner liefen". Ein Kleinunternehmer in Rom erklärt: "Wenn ein Deutscher einem anderen erzählt, er zahle keine Steuern, dann wird er als asozial beschimpft. In Italien würde das Gegenüber sofort fragen: Wie machst Du das?" Überhaupt steht es derzeit nicht zum Besten mit Pavarottis Verhältnis zur Justiz. Die höchsten italienischen Zivilrichter wiesen jüngst eine Beleididungsklage des Sängers gegen den Besitzer von "Harry's Bar" in Venedig, Arrigo Cipriani, zurück. Dieser hatte sich nach einer 50.000-Mark-Rechnung (25.565 Euro/351.776 S) abfällig über die Zahlungsmoral Pavarottis geäußert. Der Sänger habe "Talent, seine Rechnungen nicht zu zahlen". Auch die Leitung der Oper in Rom ist perplex. "Big Luciano" brachte sich als künstlerischer Direktor ins Gespräch, obwohl die Stelle gar nicht vakant ist - "Da klappt etwas nicht." Obendrein plagt ihn ein altes Problem, das Gewicht: "Kommt mir bitte nicht damit, das ist mein größter Kummer." (APA/dpa)