Saarbrücken - Eine Autoscheiben-Waschanlage, die sich aus aufgefangenem Regenwasser unter der Kühlerhaube speist, Lebensmittel,
bei denen sich das Haltbarkeitsdatum bei Ablauf automatisch rot einfärbt: Das sind die neuesten Erfindungen, mit denen der 29 Jahre alte
Strafhäftling Patrick B. im Saarbrücker Gefängnis die Patentämter beschäftigt.
Patent
Für einen Briefumschlag mit Reißfaden, ein automatisches Eier-Schälgerät und einen zerlegbaren Blumentopf zum schnelleren Umtopfen der
Pflanzen hat er bereits amtlich verbriefte Gebrauchsmuster erworben. Der 1994 wegen Raubes und räuberischer Erpressung zu elf Jahren
Haft verurteilte Straftäter ist mit seinen Patenten ein Musterbeispiel für die mögliche Resozialisierung von Straffälligen
geworden.
Wenn Anstaltsleiter Wolfgang Kuhl (52) die Gefängniszelle des Häftlings für Besucher aufschließt, zeigt Patrick B. stolz die
Gebrauchsmuster-Urkunden, die er schon vom Deutschen Patent- und Markenamt bekommen hat. Anwälte und Experten, die er vom
Kaiserslauterer Patentinformationszentrum bis zur Industrie- und Handelskammer Stuttgart aus dem Gefängnis heraus anschrieb, halfen ihm
bei den Anmeldungen. In der Regel wusste keiner, dass sich hinter der von Erfinder Patrick B. angegebenen Adresse in Saarbrücken das
Gefängnis verbirgt.
Warum er sitzt
Als Krimineller hatte Patrick B. seine Opfer früher mit so genannten K.O.-Tropfen betäubt und ausgeraubt. Dann kam er hinter Gitter. "Dort
war mir langweilig, und ich wollte nicht nur fernsehen oder mit den anderen Häftlingen Karten spielen", sagt der 29-Jährige, der eine
Ausbildung zum Bürokommunikationskaufmann abgebrochen hatte.
Nun tüftelt er in seiner mit etlichen Aktenordnern gefüllten Zelle einträgliche Gebrauchsgegenstände aus. Mit dem per Reißfaden zu öffnenden
Brief (Gebrauchsmuster-Nummer DE 29709011 u 1) fing er 1997 an: "Das brachte so viel ein, dass ich meine Anwälte bezahlen und mit
Erfindungen weiter machen konnte."
"Der spinnt"
Rückschläge gab es freilich auch: Für das Eier-Schälgerät, das mit einer Druckgas-Patrone das harte Ei-Innere auf einen Schlag aus der
Schale heraus drückt, hat sich noch kein Produzent gefunden. Und für die Idee einer Zahnbürste mit integriertem Zahnpastaspender bekam
Patrick B. gleich eine Absage vom Patentamt: "Das gibt es schon."
Gefängnis-Anstaltsleiter Kuhl lobt seinen Häftling, der ansonsten für 19 Mark pro Tag in der Gefängnisküche arbeitet:
"Seine Erfindungen sind ein gelungenes Beispiel für Tataufarbeitung und Hinwendung zu sinnvoller Betätigung". Von manchen Mitgefangenen
bekommt Patrick B. dagegen nur zu hören: "Der spinnt." (APA/dpa)