Wien - Der Verfassungsrechtler Manfried Welan sieht die österreichische Justiz durch die "Turbulenzen" der vergangenen Wochen nicht gefährdet. Es habe auch früher Parteianwälte als Justizminister und Angriffe auf die Richterschaft gegeben, sagte Welan am Donnerstag bei einem Vortrag im Wiener Management-Club unter Hinweis auf den ehemaligen SP-Minister Christian Broda und auf die sogenannte "Affäre Habsburg". Wie bei jeder politischen Veränderung - etwa in den 70er Jahren - mache sich auch derzeit ein "gewisser Grobianismus" breit, kritisierte der ehemalige ÖVP-Politiker. Der Justiz komme in dieser Situation die Rolle des Konfliktreglers zu, weshalb es auch zu einer stärkeren Politisierung des Verfassungsgerichtshofs kommen werde. Als "großen Schritt" in Richtung mehr direkte Demokratie bezeichnete Welan das von der Regierung vorgeschlagene "Initiativreferendum". Es sieht für Volksbegehren, die von mindestens 15 Prozent der Bevölkerung unterstützt werden, eine zwingende Volksabstimmung vor. Derzeit werde die direkte Demokratie von der Parteienherrschaft überlagert, kritisierte Welan. Der Artikel 1 der Bundesverfassung ("Österreich ist eine demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volk aus", Anm.) sei derzeit nur Illusion. "Eigentlich wäre es ehrlicher, diesen Satz zu streichen." (APA)