Georg Moser erinnert sich nur allzu gut an den Rummel nach dem gewonnenen Weltmeistertitel 1993, als das Telefon nicht mehr aufhörte zu läuten und der Strom an Gratulanten kein Ende nehmen wollte. Doch der Trubel war vornehmlich regionaler Natur, die großen Zeitungen und die große Politik haben von der historischen Leistung des Seekirchner Bauernburschen kaum Notiz genommen. Das mediale Schweigen hat sogar den Unmut der Ortsansässigen erregt – zu Recht, denn die Leistung und die Person des Georg Moser sind allemal eine Geschichte wert. Georg Moser ist der Gerhard Berger der Zweispänner: pfeilschnell, enorm talentiert und gigantisch nervenstark, ein rasender Naturbursche, der seine Kraft aus dem ewigen Urgestein der österreichischen Berge schöpft. Und noch dazu ist er wortgewaltig: Er liebt es, seine Fahrten in der Erzählung ein zweites Mal zu erleben, die wichtigsten Passagen noch einmal zu analysieren – und auch der gelassenste Zuhörer kriegt eine Gänsehaut, wenn er von einer "ganz gewaltigen" Dressur spricht oder es im Marathon "echt brutal" hergegangen ist. In jedem Wort prickelt die enorme Rasanz und Spannung des modernen Fahrsports, der heute nichts mehr mit einer gemütlichen Kutschenfahrt in Frack und Zylinder zu tun hat: Der Zweispänner-Sport ist längst die Formel I der Fahrerei, ein Hochleistungssport mit all seinen Anforderungen, die Piloten sind Männer und Frauen ohne Nerven, mutig, reaktionsschnell – und eiskalt auch in heiklen Situationen. Spätestens seit 1993 zählt Georg Moser in dieser Disziplin zu den Besten der Welt. Und wer die Biographie dieses sympathischen, stets geradlinigen Salzburger Bauern genau betrachtet, der wird erkennen, daß es genau so kommen mußte, wie es gekommen ist: Es gibt Menschen, die nicht nur die Fähigkeit und den Ehrgeiz besitzen, ganz nach oben zu kommen – sondern auch noch das notwendige Glück. Georg Moser hat beides, und das schon seit der Stunde seiner Geburt: Das Licht der Welt erblickte er nämlich am 1. Jänner 1966 und "des woa scho amoi a Glick fia mi." Vermehrt wurde dieses durch den Umstand, daß das Neujahrskind auch noch in einen Pferdebetrieb hineingeboren wurde: Großvater Moser hatte 1955 auf dem Seekirchner Hof die erste ländliche Reitergruppe Salzburgs gegründet und damit die Norikerreiterei populär gemacht. Als 1977 der kleinen Gruppe wegen Nachwuchsmangels das Ende drohte, stieß der elfjährige Georg dazu und absolvierte seine erste Vielseitigkeit auf einem Noriker. Dort hat er auch gelernt, jede Wurzel und jeden Stein im Gelände besonders gut anzuschauen und im richtigen Moment Tempo zu geben – was ihm später in der Fahrerei sehr zugute gekommen ist. Auch diese begann Georg Moser mit Norikern, mußte doch von jeder ländlichen Reitergruppe auch ein Gespann zusammengestellt werden. Seinen ersten großen Auftritt als Fahrer hatte er 1986 bei den Zweispänner-Staatsmeisterschaften in Eugendorf. Dort wurde er – inmitten der Warmblutgespanne – vorerst mit seinen beiden Norikern als Exote belächelt, das Lachen verging seinen Konkurrenten jedoch spätestens im Marathon, wo er mit seinen Pferden ("Die san g‘aungen wia Oldenburger, einfach gewaltig") in allen sechs Hindernissen Bestzeit fuhr und trotz 20 Fehlerpunkten aus der Schrittphase Vize-Staatsmeister wurde. Der ganz große Erfolg auf nationaler Ebene scheiterte – trotz des offensichtlichen Talents des Salzburgers für den Zweispänner – vorerst am richtigen Gespann, doch kam schließlich auch hier das Glück dem Tüchtigen zu Hilfe: Durch einen ungarischen Fiaker, der in Salzburg seinen Dienst versah, bekam er einen Tip, daß in Ungarn ein Trabergespann mit interessanter Vergangenheit abzugeben sei. Sandor Nagy, ein bekannter ungarischer Fahrer, hatte sie dreijährig auf der Rennbahn entdeckt, wo sie nichts gewonnen hatten und daher geschlachtet werden sollten. Nagy erwarb die beiden Füchse und setzte sie sieben Jahre mit wechselndem Erfolg im Fahrsport ein – ehe sie im Mai 1991 von Georg Moser erworben wurden, der sie bereits im September bei der Zweispänner-Weltmeisterschaft in Zwettl einsetzte und mit ihnen immerhin 22. und damit bester Österreicher wurde. Und 1992 gewann das österreichisch-ungarische Trio bereits die Zweispänner-Staatsmeisterschaft, ehe 1993 der ganz große Wurf gelang – Weltmeistertitel beim Zweispänner-Championat von Gladstone in den USA: Ein neuer König des Zweispänner-Sports war geboren. Der dynamische Seekirchner Bauernbursche zählt seither – wenngleich mit wechselnden Erfolgen und manchen Höhen und Tiefen – zur internationalen Spitze der Fahr-Artisten, und das mittlerweile nicht nur im Zweispänner: Auch mit einem Pferd hat es Georg Moser schon versucht, und auch das durchaus erfolgreich: Bei der Einspänner-Weltmeisterschaft 1998 im Tiroler Ebbs wurde er hervorragender Neunter im Einzelklassement und damit – hinter Bronzemedaillen-Gewinner Rudi Pirhofer – zweitbester Österreicher. Noch besser lief es bei der bislang letzten Zweispänner WM im August 1999 in Kecskemet, Ungarn: Da war es einmal mehr Georg Moser, der mit dem siebenten Einzelrang das beste österreichische Resultat erzielte: Gegen die ungarischen Fahrer, die Platz eins bis drei belegten, konnte freilich auch er nichts ausrichten. Aber das soll sich schon bald ändern: Die nächste WM kommt bestimmt, und die juckt Georg Moser – mit eigenen Worten – wie immer "ganz gewaltig". Leopold Pingitzer Sportliche Erfolge 1991: 20. Platz WM Zwettl/Ö 1992: 1. Platz Österr. Staatsmeisterschaft Zweispänner 1993: 1. Platz Österr. Staatsmeisterschaft Zweispänner 1. Platz Einzel u. Mannschaft CAIO Poznan, Polen 1. Platz Einzel u. Mannschaft ZweispSnner-WM Gladstone 1994: 1. Platz Donau-Alpen-Pokal in Lausanne 1. Platz Österr. Staatsmeisterschaft Zweispänner 1996: 1. Platz Einzel + Mannschaft Donau-Alpen-Pokal/Szántódpuszta, Ungarn 1. Platz Österr. Staatsmeisterschaft Zweispänner 1997: 2. Platz Österr. Staatsmeisterschaften 1998: 9. Platz Einzel Einspänner-WM Ebbs/Tirol 1999: 1. Platz Österr. Staatsmeisterschaft Zweispänner 7. Platz Einzel u. 3. Platz Mannschaft Zweispänner-WM Kecskemet, Ungarn