Peking - Wer wissen will, wie die künftige Weltordnung aussehen wird, sollte seinen Blick nach Afrika schweifen lassen. Der Kontinent ist derzeit nämlich eine Art Probebühne für die aufstrebende Weltmacht China, die in den kommenden Jahrzehnten den großen internationalen Spielern USA, Europa und Russland den Rang ablaufen will. Es sind nicht nur die vielzitierten afrikanischen Rohstoffe, auf die es die Chinesen abgesehen haben - Peking baut auch auf die politische Unterstützung der 53 afrikanischen Staaten, die mehr als ein Viertel aller UNO-Mitglieder repräsentieren.

Zu Gute kommt China dabei das politische und wirtschaftliche Vakuum, in das Afrika mit dem Ende des Ost-West-Konflikts vor zwei Jahrzehnten gestürzt ist. Nach dem Sieg im globalen Machtkampf mit der Sowjetunion überließ der Westen den unterentwickelten Kontinent nämlich weitgehend sich selbst. Diese Lücke will China nun füllen.

Startschuss für eine großangelegte Strategie

Auf einem Gipfel mit 48 afrikanischen Staatschefs im November 2006 in Peking gab China den Startschuss für die großangelegte Strategie, Afrika zu seinem politischen und wirtschaftlichen Hinterhof zu machen. Bis 2010 soll der sino-afrikanische Handel 100 Milliarden Dollar (64,6 Mrd. Euro) erreichen - doppelt so viel wie im Jahr 2005, lautet der ehrgeizige Plan. 1995 betrug das Handelsvolumen nach Angaben des Internationalen Währungsfonds noch magere zwei Milliarden Dollar.

900 Wirtschaftsprojekte hat China in Afrika im Laufen, berichtet der Pekinger Afrikaexperte An Yongyu. Zu den größten zählen die Modernisierung eines nigerianischen Ölhafens (zwei Mrd. Dollar), die Errichtung einer Sonderwirtschaftszone mit 60.000 Arbeitsplätzen im sambischen Kupferabbaugebiet (800 Millionen US-Dollar) und ein Hunderte Kilometer langer Lückenschluss der den Kontinent durchquerenden Eisenbahnlinie zwischen Angola und Tansania.

Auf Mauritius soll eine weitere Sonderwirtschaftszone für 500 Millionen Dollar entstehen, in der sich 40 chinesische Unternehmen ansiedeln und die dortige billige Arbeitskraft nutzen sollen. Allerdings regt sich in vielen afrikanischen Staaten bereits leiser Widerstand gegen chinesische Investoren, die nicht nur das Füllhorn ausschütten, sondern auch die einheimischen Märkte mit Billigprodukten überschwemmen, und so lokalen Produzenten das Leben schwer machen.

Kritik aus dem Westen

Im westlichen Ausland muss China indes Kritik einstecken, weil es nicht vor Kontakten mit umstrittenen Regimes wie dem Sudan oder Simbabwe zurückschreckt. Man sei nicht dagegen, dass sich China in Afrika engagiere, erläutert der EU-Botschafter in Peking, Serge Abou. "Das Problem in Afrika war bisher die Abwesenheit ausländischer Mächte." Infrage stellte Abou jedoch die chinesische Unterstützung für Simbabwe, die angesichts der dort darniederliegenden Wirtschaft kaum wirtschaftlich motiviert sein könne. Simbabwe sei "mit oder ohne Chinesen ein hoffnungsloser Fall", erläutert der EU-Botschafter.

Der Pekinger Außenpolitikexperte Yan Xuetong sieht die Aufregung über die chinesische Afrika-Politik gelassen. "Es wäre eine verfehlte Politik, wenn wir einen Kurs einschlagen würden, der zwar von den 25 europäischen Ländern unterstützt, aber von den 53 afrikanischen Ländern abgelehnt wird", sagt Yan. Chinas Politik sei erfolgreich, weil sie auf positive Resonanz in Afrika stoße. Auch Abou räumt ein, "dass die Afrikaner mit dem chinesischen Engagement ziemlich zufrieden zu sein scheinen".

"China kommt nicht als Kolonisator"

Ein besseres Verhältnis mit Afrika werde China "zu mehr internationaler Unterstützung und einem besseren Image in der Welt" verhelfen, betont Yan. Bisher war es Peking vor allem ein Anliegen gewesen, afrikanische Staaten von einer Rücknahme der Anerkennung Taiwans zu überzeugen. Mit Erfolg: Nur noch vier afrikanische Regierungen erkennen die abtrünnige chinesische Provinz diplomatisch an. Nun geht es China darum, mit Unterstützung der afrikanischen Staaten einen UNO-Sicherheitsratssitz für seinen regionalen Rivalen Japan zu verhindern.

"Mit der Zeit wird China das Handelsinteresse und den politischen Einfluss des Westens auf dem Kontinent ersetzen", prognostiziert der südafrikanische China-Experte Martyn Davies in einer Analyse für die Pekinger Wirtschaftszeitung "Caijin". "Aber China kommt nicht als Kolonisator." Eben darin liegen für den österreichischen Botschafter in Peking, Martin Sajdik, auch schon die Grenzen des chinesischen Engagements in Afrika. "Europa hat einen Wettbewerbsvorteil durch seine kulturelle und sprachliche Nähe. Die Afrikaner werden weiterhin die Spiele der französischen und englischen Fußballliga schauen." (APA)