Finanzstadträtin Renate Brauner, Herrscherin über städtische Betriebe.

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So manches Betriebsgeheimnis bleibt im Dunkeln - die Details kennt meist nur die regierende SPÖ.

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Wien - Der Bauplatz gehört der Gemeinde, Vizebürgermeisterin Grete Laska wählte den Architekten aus, 15 Millionen Steuergeld flossen in das Projekt. Und trotzdem will die Stadtregierung nichts mehr mit dem neuen Pratervorplatz zu tun haben. Wäre alles gut gegangen, hätte man wahrscheinlich nichts dagegen gehabt, als Hauptverantwortliche des Prestigeprojekts dazustehen. Da aber neben dem Riesenrad von Anfang an nichts richtig rund lief - der vorläufige Höhepunkt bildet die Kündigung des Generalbauunternehmers wegen Zahlungsunfähigkeit - weisen sämtliche SPÖ-Politiker darauf hin, dass die Stadt nicht Auftraggeberin sei und demnach auch nichts mit dem Schlamassel zu tun habe.

Das stimmt sogar: Die eigens gegründete Riesenradplatzerrichtungs GmbH - eine 100 prozentige Tochter der Stadt Wien - hat Leasinggeber Immoconsult beauftragt, der wiederum die Arbeiten an die Bauunternehmen weitergab. Die Klein-Unternehmer, die jetzt um ihr Geld fürchten, kümmerten sich allerdings nicht weiter um diese komplizierte Auftragsvergabe-Konstruktion - für sie war stets klar, dass die Gemeinde Wien dahinter steckt.

Für die Allgemeinheit

Wohl auch, weil man's in Wien nicht anders kennt. Was im entferntesten Sinne dem Wohl der Allgemeinheit nützt, wird von der Stadt (mit-)betrieben. Hallenbad, Tierkörperverwertung, Stadthalle, Abwasserentsorgung, Haus der Musik, Flughafen Schwechat, diverse Wohnsiedlungen: Wien funktioniert auch deshalb so gut, weil die Politik sich einmischt.

Ein Großteil der stadtnahen Gesellschaften sind in der Wien Holding zusammengefasst. Die 73 nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführten Unternehmen mit insgesamt 15.000 Arbeitsplätzen brachten laut einer Wien-Holding-Studie der Stadt zuletzt 970 Millionen Euro Bruttowertschöpfung ein. 2008 soll sie - dank zehn neu eingegliederter Unternehmen - auf eine Milliarde Euro steigen.

Zufrieden ist die Rathausopposition trotzdem nicht. "Stadteigene Grundstücke werden viel zu günstig verkauft", sagt ÖVP-Gemeinderat und Kontrollausschuss-Mitglied Günter Kenesei. "Kaum ist ein privater Gesellschafter an Bord, wird der Wien-Holding-Anteil heruntergeschraubt und der Private kann dort machen, was er will." In der Wien Holding seien zudem die politischen Interessen der SPÖ "zu 100 Prozent vertreten". Im Gegenzug schanze man wertvolle Grundstücke der Holding zu, um Verluste in anderen Teilbereichen zu verschleiern. "Im kommunalen Bereich muss man einfach sagen, okay, wir produzieren ein Minus, es bringt nichts, so zu tun, als wäre das anders." Die Stadtregierung präsentiere sich gern als "große Wirtschaftskapitäne". "In Wirklichkeit sind sie im Schlauchboot auf der alten Donau unterwegs."

Die Geschicke der Stadt liegen oftmals im Ermessen der regierenden Mehrheit, die Opposition hat wenig mitzureden. "Das beschränkt sich auf Budgetsitzungen", sagt Martin Margulies, Finanzsprecher der Wiener Grünen. Er zweifelt zwar nicht an der Sinnhaftigkeit von Beteiligungen, stößt sich aber an dem "Wie". "Beispielsweise der Flughafen. Die Beteiligung ist sinnvoll, aber die Durchführung ist katastrophal." Weder beim Bau der dritten Landepiste noch in Sachen Fluglärm stünden für die Verantwortlichen die Interessen der Wiener im Vordergrund.

Für VP-Klubchef Matthias Tschirf bleiben in Bezug auf Beteiligungen noch zu viele Fragen offen. "Es gibt kein wirkliches Management, also weder ein Finanzmanagement noch eine Bewertung, wie sinnvoll die Beteiligungen sind", sagt Tschirf. Dabei spricht er nicht etwa von der Wien Holding, deren Bilanzen einsehbar sind. Es sind Beteiligungen am Flughafen Wien (20 Prozent) oder an der Druckerei Lischkar (63 Prozent), die zur Wiener Stadtwerke Holding gehören - und anderen, die im Rechnungsabschluss nicht eigens ausgewiesen werden.

Geheimnistuerei

"Evaluierungen werden durchgeführt, jedoch intern", entgegnet Josef Kramhöller, Abteilungsleiter der MA 4 (Allgemeine Finanz- und Wirtschaftsangelegenheiten). Die Geheimnistuerei hat einen Grund: "Aus wirtschaftlichen Überlegungen ist es für eine Gesellschaft nicht immer sinnvoll zu sagen, wie viel sie in einem Wirtschaftszweig verdient. Die Konkurrenz könnte daraus Schlüsse ziehen." Von einer anderen beliebigen Firma könne man auch nicht erfahren, wie viel Gewinn sie mache, sagt Kramhöller.

Ausgliederungen und Beteiligungen aus Effizienzgründen seien an sich nichts Ungewöhnliches - so würden Städte verwaltet, sagt Bernhard Felderer, Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS). "Wien ist aber sehr zurückhaltend, was das Hereinlassen von Privaten betrifft." (Marijana Miljkovic, Martina Stemmer/DER STANDARD - Printausgabe, 2. Juli 2008)