Es erschüttert mich, dass die SPÖ-Spitze auf die Welle des Anti-EU-Populismus aufgesprungen ist. Noch dazu mit einer Anbiederung an die auflagenstärkste Tageszeitung, die sich in den letzten Jahren als EU-feindlich präsentiert hat. Dieser "Kniefall" erfolgt in einer Zeit, in der die EU-Skepsis der Bevölkerung so hoch und die Umfragewerte der SPÖ so tief wie nie zuvor sind. Ob das bloß Zufall ist?

Der Umstand, dass der Vertrag von Lissabon die Zusammenarbeit von jetzt schon 27 Mitgliedsstaaten vertiefen soll, macht ihn zu einem komplexen Regelwerk. Die Vorteile lassen sich nicht in wenigen Sätzen erklären. Das Übereinkommen schlechtzureden, fällt offenbar leichter, als seine positiven Seiten ins Licht zu rücken. Der SPÖ-Schwenk in der EU-Politik bedeutet Kapitulation vor dem eigenen Unvermögen, die Menschen vom Projekt Europa zu überzeugen.

Wenn eine Regierungspartei substanzielle Richtungsänderungen ihrer Politik über die auflagenstärkste Tageszeitung bekanntgibt, ohne den Regierungspartner vorher zu informieren, so halte ich das für demokratiepolitisch äußerst bedenklich. Ich bezweifle, dass diese Taktik Erfolg haben wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.7.2008)