Vizeaußenminister Mehdi Safari: "Wir können niemandem vertrauen."

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Auf israelische Angriffsszenarien reagiert Teheran mit der Ankündigung einer "angemessenen Antwort". Iranische Drohungen gegen Israel dementiert Irans Vizeaußenminister Safari.

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Wien – Niemand könne den "Klatsch" bestätigen, dass die jüngsten israelischen Militärmanöver eine Übung für einen Angriff auf den Iran gewesen seien, das stehe nur so in den Medien, zeigt sich der iranische Vizeaußenminister Mehdi Safari im Gespräch mit dem STANDARD unaufgeregt. Aber wie "hochstehende Persönlichkeiten im Iran" bereits gesagt hätten: Wenn etwas passiert, wird der Iran eine "angemessene Antwort" darauf geben.

Safari verweist auch auf die Warner in der internationalen Gemeinschaft, allen voran auf den Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Mohamed ElBaradei, der mit Rücktritt gedroht und von einem "Feuerball" in der Region gesprochen hatte, den ein israelischer Angriff auslösen würde.

Auf die Frage, was denn Teheran zu tun bereit sei, um die Situation zu deeskalieren und die Welt davon zu überzeugen, dass der Iran keine bösen Absichten gegen Israel hege, "interpretiert" Safari den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad und dessen notorische Ausfälle gegen Israel: "Ich betone die Position unseres Präsidenten. Er meinte: Eine Politik wie jene Israels in den besetzten Gebieten, wo es die Menschen massakriert und deren Häuser zerstört, führt zum Kollaps eines Regimes." Das habe man schon an der Sowjetunion gesehen. "Niemals hat jemand auf der iranischen Seite Israel mit einem Angriff gedroht. Zeigen Sie mir so eine Aussage."

Inmitten der aufgeheizten Stimmung gab es am Dienstag im Iran Gerüchte, ein israelischer Angriff habe bereits stattgefunden: Die iranische Regierung dementierte umgehend. Saure Reaktionen hat in Teheran eine Verschärfung der Sanktionen durch die EU hervorgerufen, sie seien "illegal" und "absurd" und würden eine Lösung im Atomstreit eher erschweren. Schon vor zwei Wochen hatte eine iranische Zeitung gemeldet, iranische Banken hätten wegen der drohenden Sanktionsverschärfung etwa 50 Milliarden Euro aus Europa abgezogen; auch das wurde von Teheran später dementiert.

Wie der Iran der internationalen Gemeinschaft beim Problem mit dem iranischen Urananreicherungsprogramm entgegenkommen könne? "Vielleicht habt ihr ein Problem, wir haben kein Problem" , sagt Safari und erzählt dann einlenkend die Geschichte des iranischen Atomprogramms, das schon in Zeiten vor der Islamischen Revolution 1979 begonnen hatte, aber dann eingestellt wurde, weil der Iran vertraglich zugesicherte (und teilweise bereits bezahlte) Waren und Technologie nicht mehr geliefert bekam. "Wir können niemandem vertrauen, deshalb müssen wir den Brennstoff für unser Kraftwerk selbst herstellen."

Die Konsortiumsidee – dass nuklearer Brennstoff von einem internationalen Konsortium hergestellt wird, mit Liefergarantie für die Beteiligten – wird vom Iran nicht verworfen, allerdings sollten die Beschränkungen für eine eigene Urananreicherung "für alle IAEO-Mitglieder" gelten. Man könne nicht dem einen sagen, du darfst, und dem anderen, du darfst nicht.

Ob der jüngste Vorschlag der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland, den der Außenpolitikbeauftragte der EU, Javier Solana, nach Teheran brachte, eine neue Bewegung auslösen könnte, wollte Safari nicht beantworten. "Wir werden ihn sorgfältig prüfen und dann antworten" , ebenso erwarte man aber, dass die 5+2 (Sicherheitsratsmitglieder, Deutschland und EU) den iranischen Vorschlag genau lesen: "Dann werden sie feststellen, dass es eine gemeinsame Substanz gibt" , auf der man vielleicht aufbauen könne.

Zur Tatsache, dass auch die IAEO das iranische Atomprogramm – das heißt die Frage, ob es ein Waffenprogramm gibt oder gegeben hat – noch immer nicht als geklärt betrachte, betont Safari, dass alle von der IAEO gestellten offenen Fragen in einer Mindestzeit beantwortet worden seien, aber "dann hat jemand eine CD (mit neuen Informationen, Anm.) auf der Straße gefunden, ich weiß nicht, woher sie kommt" . Nach iranischer Ansicht sei man nicht dazu verpflichtet, darauf zu antworten, man werde trotzdem kooperieren. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2008)