Wien - Das Innenministerium hat seine Integrationsstrategie fertiggestellt und will diese heute in den Ministerrat einbringen. Zentrales neues Steuerungselement soll eine Koordinationsstelle für Integration sein, die sämtliche Projekte vorschlägt, diese begleitet und auch Förderungen vergibt. Ein weiterer Schwerpunkt soll auf die Sprachförderung gelegt werden. Zuwanderer müssen schon Deutsch-Grundkenntnisse beherrschen, bevor sie nach Österreich einreisen.

Die Koalition konnte sich jedoch nicht auf die Integrationsstrategie einigen. "Mangels Inhalten" entfalle somit auch das übliche Pressefoyer um 9.30 Uhr, also vor der Regierungssitzung, erklärte der Sprecher von Vizekanzler Wilhelm Molterer. Im Bundeskanzleramt bestätigte man die Absage - verwies aber zugleich darauf, dass man zum gemeinsamen Pressegespräch bereit gewesen wäre.

Absichtserklärungen

Das 35-Seiten-starke Papier enthält eine Reihe von Absichtserklärungen, die wohl erst nach längerer Zeit ihre Wirkung entfalten. So ist etwa geplant, speziell Wohnbauprojekte zu fördern, die einer Ghetto-Bildung entgegen wirken. Jene Bundesländer, die Zuwanderern ohne Staatsbürgerschaft keine Wohnbauförderung gewähren, werden angehalten, diese Praxis zu ändern.

Im Bereich Polizei und Justiz hält man es für wichtig, verstärkt Personal mit Integrationshintergrund anzuwerben. Gleiches gilt im Lehrerberuf. Schließlich ist geplant, noch mehr Zuwanderer für Jobs in den Bereichen Pflege und Gesundheit zu gewinnen.

Vor allem Frauen mit Migrationshintergrund will das Innenministerium für Migrationsprojekte gewinnen. Weiters soll für Migranten eine spezielle Berufs- und Unternehmensgründungsberatung eingesetzt werden. Als Anreiz erwogen wird ein österreichischer Medienpreis für Integration.

Anreizsystem

Eng eingebunden werden sollen Zuwanderer ins Vereinsleben. Hier setzt das Innenressort durchaus auf ein Anreizsystem. Die Vergabe von Förderungen an Vereine soll unter anderem an deren Bereitschaft geknüpft werden, sich der Einbindung von Zuwanderern zu widmen. Für besonders engagierte Projekte ist ein Preis vorgesehen.

Im Kapitel zur Bekämpfung von entstehenden Subkulturen möchte das Ministerium unter anderem bei der Ausbildung von Religionslehren ansetzen. Diese sollen künftig nur dann zum Einsatz kommen können, wenn sie in Österreich aus- und weitergebildet wurden bzw. werden.

Am Konkretesten wird die Integrationsstrategie beim Spracherwerb. Bei der sogenannten Integrationsvereinbarung müssen nach Vorstellungen des Innenministeriums künftig 600 statt 300 Stunden absolviert werden. Zusätzlich ist ein höheres Leistungsniveau gefordert. Für Neuzuwanderer wird ein "Orientierungskurs" über Grundkenntnisse der Rechtsordnung, der Grundwerte, Geschichte und der Kultur Österreichs verpflichtend.

Sprachkenntnisse vor Zuwanderung

Neues wird unter dem Titel "vorbereitende Integration" ins Auge gefasst. Personen, die nach Österreich zuwandern wollen, müssen schon davor Grundkenntnisse der deutschen Sprache erlernen.

Im Schulbereich wird eine verpflichtende Sprachstandsfeststellung angepeilt. Kinder, bei denen ein Sprachförderungsbedarf festgestellt wird, müssen das letzte Kindergartenjahr absolvieren. Dies gilt freilich für alle, also nicht nur für Migranten.

Platter optimistisch

Innenminister Günter Platter betont zu der von ihm vorgelegten Strategie, dass diese tiefgehenden Gesprächen mit Vertretern der Zivilgesellschaft und Regierungskollegen folge. Jetzt finde die Endabstimmung mit dem Koalitionspartner statt. Er sei dabei optimistisch, dass die SPÖ seinen Vorschlägen zustimme. Schließlich habe es im Vorfeld zahlreiche Vorgespräche gegeben und die Vorschläge der Sozialdemokraten seien eingearbeitet worden.

Die Integrationsstrategie sei ein langfristiges Programm. Er wolle einen Schulterschluss für Integration, da dieser unbedingt erforderlich sei: "Es muss um die Sache, nicht um parteipolitisches Taktieren gehen", betonte der scheidende Innenminister.

Berger stellt vier Bedingungen

Das Justizministerium hat vier Bedingungen aufgestellt, um einen Beschluss der Integrationsstrategie im morgigen Ministerrat zu ermöglichen. So soll die geplante Koordinationsstelle keinesfalls im Innenressort angesiedelt werden. Ebenfalls abgelehnt wird von Justizministerin Maria Berger der Vorstoß ihres Kollegen Günther Platter, dass Zuwanderer schon vor ihrer Einreise nach Österreich Deutschkenntnisse aufweisen müssen.

Zusätzlich Nein sagt Berger zu einer Art "Ethikunterricht" für Migranten. Schließlich auch noch eine aktive Forderung Bergers: Spätestens im Jahr 2009 muss die im Regierungsprogramm verankerte Evaluierung des Fremdenrechts auf integrationshemmende Regelungen vorliegen, und zwar durch ein unabhängiges wissenschaftliches Institut. (APA)