Wien - Geschäfte in Osteuropa bleiben aus Sicht österreichischer Unternehmer riskant. 41 Prozent der Betriebe sind mit der Zahlungsmoral ihrer ausländischen Geschäftspartner unzufrieden. Sie erhalten im Schnitt ihr Geld erst zwei Wochen nach Fälligkeit. Und sie machen vergleichsweise oft die Erfahrung, dass ihre Rechnungen überhaupt nicht bezahlt werden. Das zeigt eine neue dem Standard vorliegende Untersuchung des Kreditversicherers Atradius. Für die Studie wurden 1200 Unternehmen in Österreich und Osteuropa befragt.

Sorgenkind ist Rumänien: Rumänische Firmen verzeichnen mit 76 Prozent den mit Abstand höchsten Anteil an ausstehenden Forderungen im Verhältnis zur Bilanzsumme. Gründe dafür seien nicht nur historische Schulden. Die Banken seien bei den Kreditvergaben restriktiv, die Betriebe nutzten daher Lieferantenkredite, sagt Franz Maier, Generaldirektor von Atradius Österreich. Rumänische Betriebe ließen sich mit dem Bezahlen ihrer internationalen Forderungen im Schnitt 42 Tage Zeit. Zum Vergleich: In der Schweiz erhält man sein Geld meist nach 25 Tagen.

Ungarn üben Selbstkritik

Die Risiken in Ungarn werden in Europa aus Sicht von Atradius unterschätzt. Drei Viertel aller ungarischen Unternehmer stellen ihren Kunden im Inland in puncto Zahlungsmoral miese Zeugnisse aus. Die Insolvenzrate sei in Ungarn zudem mehr als doppelt so hoch wie im europäischen Schnitt.

Österreich genießt einen guten Ruf. Die Hälfte der befragten internationalen Unternehmer bescheinigen ihren österreichischen Geschäftspartnern "exzellente" Zahlungsmoral. Insgesamt ist der Anteil noch ausstehender Forderungen mit 14 Prozent relativ niedrig.

Ein ähnlicher positiver Ruf eilt Tschechien voraus. Auch wenn die inländischen Betriebe ihre Landsleute wesentlich kritischer beurteilen: Sie sehen sich immerhin neben den Slowaken am häufigsten mit einem kompletten Zahlungsausfall konfrontiert. Unterm Strich lassen tschechische Firmen ihre Außenstände nur auf zehn Prozent des Gesamtvermögens anwachsen. Die Polen kommen auf 36 Prozent, die Slowaken auf 13 Prozent.

Wenig Maßnahmen gegen Forderungsausfälle

Was den Schutz vor Forderungsausfällen betrifft, so verlassen sich die meisten osteuropäischen Unternehmer auf Lieferung per Nachnahme und Vorauszahlung. Rumänien vertraut auf Garantien. Österreich greift laut Maier überwiegend auf Kreditversicherungen zurück. Fast ein Viertel der befragten Firmen ergreift aber keine Vorkehrungen gegen Ausfälle. In Polen verzichtet nahezu jeder Zweite darauf.

Für 15 Prozent der polnischen und 14 Prozent der slowakischen Betriebe würden nach eigener Einschätzung weitere Rechnungsausfälle eine Insolvenz auslösen.

Generell habe die Zahlungsmoral in Mittel- und Osteuropa abgenommen, sagt Maier. Verantwortlich dafür seien die Finanzmarktkrise und die strengeren Richtlinien durch Basel II. "Die Firmen zögern ihre Zahlungen hinaus und weichen auf Lieferantenkredite aus." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.6.2008)