Die große Vielfalt libanesischer "Mezze" wird im neuen "Le Cèdre" in Wien-Leopoldstadt zelebriert. Die zarten Innereiengerichte vom Lamm gibt es aber nur Donnerstag bis Samstag!

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die libanesische Küche hat Leichtigkeit, Raffinesse, Variantenreichtum - und gilt als die beste der arabischen Welt. Die weitverstreute libanesische Diaspora sorgt dafür, dass sie auch in jeder besseren Stadt zu haben ist. Wien war da bislang eine Ausnahme, weder UNO-City noch Opec-Hauptquartier noch der Nimbus, den die Wiener Ärzteschaft bei orientalischen Potentaten genießt, konnten daran etwas ändern. Zwar gab es einmal ein Restaurant "Beirut" am Franz-Josefs-Kai, irgendwann konnte man auch in der Habsburgergasse in einen orientalisch geschmückten Keller hinabsteigen und sehr ordentlich libanesisch essen - aber das ist lange her.

Seit vergangener Woche gibt es wieder Grund zur Hoffnung. Exakt vis-à-vis der neuen U2-Station "Messe" wurde ein libanesisches Restaurant eröffnet. Das ist, zumindest indirekt, dem Einsatz der Austro-Botschaft in Beirut während des Libanon-Krieges im Jahr 2006 zu verdanken: Mohamad Assi (rechts im Bild) werkte damals in einem libanesischen Restaurant in Brüssel - Frau und Kinder aber saßen im bombardierten Südlibanon fest. "Die belgische Botschaft meinte, dass sie sich erst um meine Familie kümmern könne, wenn sie in Beirut vor der Tür stünde", sagt Assi, "darauf habe ich mich an die Österreicher gewandt. Die sind mit einem Jeep los und haben sie gerettet". Seitdem war klar: wenn Massi ein eigenes Restaurant aufmachen würde, dann in Wien.

"Foul Medammes"

Sein "Le Cèdre" ist ein Kellerlokal, verfügt aber über einen schattigen Garten. Die eigentliche Attraktion ist ohnehin die Küche. Denn die Kunst der vielfältigen "Mezze", wie die warmen und kalten Vorspeisen genannt werden, zelebriert Assi auf hohem Niveau. Deshalb ist es durchaus angezeigt, in größerer Gruppe aufzutauchen - so kann die volle Bandbreite durchprobiert werden. "Tabbuli", der frische Petersil-Minze-Salat mit Bulgur und Zitrone, wunderbar rauchiges "Muttabbal Batinjan" - ein Mus aus gegrillten Melanzani - oder "Labneh", das dicke, selbstgemachte Joghurt mit Gurke, sind ebenso Pflicht wie "Foul Medammes" aus braunen Bohnen und die herausragend gewürzten Falafel.

Wirklich fantastisch aber schmecken die zwei Sorten winziger, hausgemachter Lammwürste: gebratene "Makanik" mit hintergründiger Zimtnelkenwürze und Pinienkernen und die scharfen, zarten "Sujuk", die mit Knoblauch, Paprika und Tomate gedünstet werden. Eine ziemliche Sensation sind auch die klassischen "Kibbeh": frisches Tartare vom Rind, das mit Bulgur vermengt und zu mundgerechten Happen geformt oder pur mit einer separat gereichten Gewürzmischung und köstlich zitroniger Knoblauchcreme serviert wird - wow!

Donnerstag bis Samstag sind Innereientage und bieten die in Wien seltene Gelegenheit, die außergewöhnliche Qualität der inneren Werte des Lamms kennenzulernen: Die zarte Zunge als lauwarmer Salat, die Leber roh (!) mit Zitrone, Zwiebel und Gewürzen mariniert oder gegrillt und Hirn mit Knoblauch, Minze und wunderbaren Gewürzen. Dazu trinkt man Minztee, libanesisches Bier oder Anisschnaps - und freut sich, dass die Stadt um eine große Küchentradition reicher ist! (Severin Corti/Der Standard/rondo/16/05/2008)