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Tatort Wien-Hietzing: Um Dienstag 7.30 Uhr soll der 39-Jährige seine Frau und seine sieben Jahre alte Tochter mit einer Axt erschlagen haben

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Tatort Ansfelden: Die Eltern des Mannes sollen gegen 13.00 Uhr ermordet worden sein

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Tatort Linz: Am Dienstag um 19.00 Uhr soll der Schwiegervater in Linz ermordet worden sein.

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Beamte der Spurensicherung in Wien

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Fünf Familienmitglieder soll Reinhard S. getötet haben, angeblich, weil er eine sechsstellige Geldsumme verspekuliert hat und der Familie "die Schmach ersparen" wollte. Nach den Bluttaten mit einer Axt stellte sich der 39-Jährige

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Ansfelden/Linz/Wien – Reinhard S. soll alles gestanden haben: wen er wann ermordet habe und warum. Mittwoch früh um 3.20 Uhr betrat der Tatverdächtige die Polizeiinspektion Lainzer Straße in Wien-Hietzing und informierte die Beamten darüber, dass er seine Frau Barbara S. (42) und die gemeinsame siebenjährige Tochter erschlagen habe. Vor der Inspektion stand sein Auto und hinter dem Beifahrersitz lag in einem Rucksack die Tatwaffe – eine Axt. In den folgenden Stunden sollte die Polizei nicht nur diese beiden Leichen finden, sondern noch drei weitere.

Zeitpunkt der Morde

Den Angaben des mutmaßlichen Täters zufolge hat er Dienstag früh gegen 7.30 Uhr Frau und Kind mit einer angeblich extra für sein Vorhaben gekauften Axt in der gemeinsamen Wohnung erschlagen. Dann sei er nach Ansfelden bei Linz gefahren, wo er gegen 13 Uhr seine Eltern in ihrem Einfamilienhaus ermordet haben soll. Um 19 Uhr soll S. auch noch seinen verwitweten Schwiegervater in Linz getötet haben.

Briefe an Tatorten

Der Tatverdächtige sei " äußerst brutal" vorgegangen, indem er jedes Mal direkt den Kopf seiner Opfer attackierte, berichtet Oberösterreichs Sicherheitsdirektor Alois Lißl. Bei den drei Leichen in Oberösterreich wurden am Tatort auch "persönliche Briefe" gefunden, Hinweise auf ein Tatmotiv sollen jedoch nicht darin zu finden sein.

Selbstmordversuch nicht bestätigt

Alle Toten, auch Tochter und Ehefrau, seien mit Tüchern bedeckt gefunden worden. Nach den Bluttaten sei S. wieder nach Wien zurückgekehrt, wo er sich in den frühen Morgenstunden stellte. Gerüchte über einen davor fehl geschlagenen Selbstmordversuch, hat die Polizei bisher nicht bestätigt.

Börsenspekulationen mit eigenem System

Am Mittwoch um 9.15 Uhr wurde der studierte Publizist und PR-Berater erstmals einvernommen. Als Motiv für den mutmaßlichen Fünffachmord gab er an, einen sechsstelligen Geldbetrag verspekuliert zu haben. Er habe der Familie "die Schmach ersparen" wollen, hat er laut Ermittlern in den ersten Einvernahmen gesagt.

Standard-Recherchen ergaben, dass S. vor allem versucht haben dürfte, mit Börsenspekulationen Geld zu verdienen. Dabei setzte er auf ein selbst entwickeltes System, von dem er sich "konsequente Risiko- und Verlustbegrenzung" versprach.

Lobbying für "zahlreiche Abgeordnete

Auf seiner PR-Homepage gibt Reinhard S. an, Lobbying für "zahlreiche Abgeordnete zum Nationalrat" betrieben zu haben. Die Referenzliste auf der einfach gestalteten Internetseite ist eher kurz, die genannten Firmen sind eher unbekannt.

Ruhig und nüchtern

Der Akademiker ist laut Thomas Stecher von der Wiener Kriminaldirektion bisher polizeilich nicht aufgefallen. Er mache bei den Einvernahmen einen ruhigen, nüchternen Eindruck. "Die Meldungen, er sei verwirrt, kann ich nicht bestätigen", sagte Stecher Mittwochmittag.

Akademikerhaushalt

S. wohnte mit seiner Frau, die Beamtin war, und der gemeinsamen Tochter im Wiener Nobelbezirk Hietzing. In einer Gegend mit weiß gestrichenen Gartenzäunen, zurechtgestutzten Hecken und Alleen gepflegter alter Bäume. Fast jeden Namen auf den Klingeln zu dem Mehrparteienhaus, in dem sich die, laut Polizei, "geräumige Wohnung" der Familie befand, schmückt ein akademischer Titel. Ein Nachbar sagt, was Nachbarn bei solchen Fällen meistens sagen: Die Familie sei immer unauffällig gewesen.

"Tüchtige Leute"

Ähnliches hört man in Ansfelden, wo S. mit seinen zwei Geschwistern aufgewachsen ist. Die Wirtin eines Gasthauses beschreibt die Familie des Tatverdächtigen als "lieb". Die Kinder seien wegen ihre guten Erziehung immer brav gewesen, erinnert sie sich. Und Ansfeldens Bürgermeister Walter Ernhard (SPÖ)beschreibt die toten Eltern des Tatverdächtigen als "fleißige und tüchtige Leute".

Geschwister werden betreut

Der Vater sei Briefträger gewesen, seit seiner Pensionierung "leidenschaftlicher Christbaumverkäufer". Die Mutter habe sich immer um die Kinder gekümmert, heißt es im Ort. Die beiden Geschwister des Tatverdächtigen, die laut Polizei in Oberösterreich leben, werden seit Mittwochmittag von Mitarbeitern der Kriseninterventionsstelle betreut. (Kerstin Scheller,Gudrun Springer, Michael Möseneder, Jutta Berger/DER STANDARD Printaugabe 15.5.2008)