Open Access in seiner grünen und goldenen Form öffnet den Zugang zum neuen Wissen der Forschung.

Foto und Illustration: DER STANDARD/Beigelbeck
Die Frage ist: Wie? Das traditionelle Zeitschriftensystem zeigt sich gegenüber den Reformbemühungen erstaunlich robust.

*****

Seit einigen Wochen scheint wieder Bewegung in die Sache geraten zu sein. Mitte Februar begann es mit einer Ankündigung Robert Darntons, der seit kurzem der Direktor der Bibliothek der Harvard Universität ist. Der renommierte Kulturhistoriker gab bekannt, dass die geisteswissenschaftliche Fakultät seiner Uni alle Artikel seiner Forscher öffentlich zugänglich machen werde.

Wenig später ließen die National Institutes of Health, die wichtigste Einrichtung für biomedizinische Forschung (Jahresbudget: 28 Milliarden US-Dollar), mit einer ähnlichen Ankündigung aufhorchen: Alle Fördernehmer von Projekten müssen ab sofort die Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich machen.

Auch in Europa haben wichtige Förderstellen wie der European Research Council, der Schweizerische Nationalfonds und der British Research Council längst Initiativen in Richtung Open Access (OA) gesetzt - also dem öffentlichen Zugang zu den erforschten Erkenntnissen. Und auch beim Wissenschaftsfonds FWF gilt für alle geförderten Projekte seit einigen Wochen eine Veröffentlichungspflicht.

Nichteingeweihten mag die Aufregung um den öffentlichen Zugang auf den ersten Blick etwas verwundern. Denn ist es nicht ohnehin klar, dass Forschungsergebnisse in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert werden? Ja, schon. Aber das ist gerade auch das Problem. Denn Fachjournale sind mittlerweile so teuer geworden, dass sich keine Bibliothek mehr ihre lückenlose Anschaffung leisten kann (siehe Interview).

Astronomische Gewinne

Manche Fachblätter kosten im Jahresabo fünfstellige Eurobeträge. Und die wenigen marktbeherrschenden Verlage wie Elsevier, Wiley oder Springer machen fette Gewinne. Elsevier beispielsweise, mit rund 1700 Zeitschriften der größte Wissenschaftsverlag der Welt, brachte es im Jahr 2005 bei einer Umsatzrendite von 31 Prozent auf einen Reingewinn von 655 Millionen Euro.

Das traditionelle Zeitschriftensystem erweist sich dabei freilich als überraschend stabil. Denn trotz des Internets und seinen völlig neuen Möglichkeiten existieren die gedruckten Ausgaben der Fachzeitschriften weiterhin - als die analogen Originale zu den digitalisierten Doubletten.

Zwar arbeiten die großen Verlage wie Elsevier, Wiley oder Springer längst an alternativen Vertriebskonzepten, die auf eine Art elektronisches Zeitschriftendatenbanksystem hinauslaufen. Doch dabei gibt es zwei Probleme, wie der Open-Access-Experte Bruno Bauer weiß: Zum einen muss man einen Ersatz für das bewährte Abo- und Lizenzsystem finden, und zum anderen für den Impaktfaktor, mit dem die wissenschaftliche Bedeutung einer Zeitschrift gemessen wird. "Sobald dafür Lösungen gefunden werden, ist allerdings mit einer völligen Änderung des Systems zu rechnen."

Doppelte öffentliche Kosten

Dieses System bedeutet aber auch eine Fortschreibung des eigenartigen Zustands, dass öffentliche Einrichtungen wie Uni-Bibliotheken die Ergebnisse einer bereits durch öffentliche Mittel finanzierten Forschung weiterhin mit enormen Kosten von den Verlagen "zurückkaufen" müssen. Und das ist auch der Hauptgrund dafür, dass es seit mehreren Jahren mehr oder weniger erfolgreiche Anstrengungen in Richtung Open Access (OA) gibt, also hin zum entgeltfreien Zugang zu wissenschaftlichen Informationen.

Die Frage ist nur: Wie soll das geschehen? Grundsätzlich können dabei zwei Alternativen unterschieden werden, wie Stevan Harnad, einer der Pioniere von OA erklärt: der grüne und der goldene Weg. Grüner OA bedeute nach Harnad, dass Wissenschafter ihre Texte in Form ihrer endgültigen Manuskripte ins Netz stellen dürfen - nachdem die Texte in einer normalen Zeitschrift erschienen sind.

Radikaler ist der goldene OA: "Darunter versteht man Zeitschriften, die nach dem Prinzip des offenen Zugangs funktionieren. Das heißt, die Zeitschrift selbst ist gratis und offen zugänglich. Stattdessen zahlt der Autor bzw. seine Institution zahlt für die Veröffentlichung."

Von den zurzeit rund 25.000 Zeitschriften, die auf dem Prinzip der Begutachtung durch Kollegen basieren, erschienen rund zehn Prozent nach dem Prinzip des goldenen Open Access. Die wichtigsten sind Journale des OA-Verlags Public Library of Science (PLoS) aus den USA und seines britischen Pendants BioMed Central.

Obwohl der goldene Weg auf den ersten Blick nur Vorteile zu haben scheint, dürfte sich vorerst doch die grüne Alternative durchsetzen. Schuld daran sind in erster Linie die Kosten für die Autoren, die bis zu 3000 US-Dollar pro Publikation betragen: Für die maßgeblichen Forschungseinrichtungen kommt es billiger, die teuren Zeitschriften zu bestellen, als noch mehr Geld für die Publikationen ihrer Mitarbeiter auszugeben.

Archive für alle

Beim grünen Weg indes stellt sich die Frage, wo die Artikel der Wissenschafter zugänglich gemacht werden sollen. Und insbesondere in Österreich gibt es gerade da einen großen Nachholbedarf - sowohl bei den Forschern wie auch den Forschungseinrichtungen.

International zeichnet sich jedenfalls ab, dass die neuen Erkenntnisse nach der Publikation in Fachzeitschriften in sogenannten Repositorien für alle elektronisch zugänglich gemacht werden, also auf Servern der jeweiligen Universität oder der Forschungseinrichtung.

Weltweit gibt es bereits mehr als 1100 solcher elektronischen Publikationsarchive - davon haben gerade einmal acht eine österreichische Adresse. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 7.5.2008)