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Wie groß ist die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm, war die zentrale Frage einer Tagung am Wochenende in Wien. Dieses antiamerikanische Poster ziert ein Gebäude in Teheran.

Foto: REUTERS/Raheb Homavandi
Wien – Der bemerkenswerteste Satz des Abends fiel ganz nebenbei. Die Sanktionen gegen den Iran hätten versagt, Teheran ließe sich selbst durch das israelische Atomarsenal nicht abschrecken, skizzierte der israelische Historiker Benny Morris das düstere Szenario. Also gebe es nur eine Option: Israel müsse einen Präventivschlag gegen das iranische Atomprogramm führen. „Mit konventionellen Waffen. Und wenn das nicht reicht, dann mit unkonventionellen.“ Ein atomarer Präventivschlag also. „Viele unschuldige Menschen würden dabei sterben“, sagte Morris. Aber das sei immer noch besser als ein nuklearer Holocaust in Israel.

Morris war einer der Redner bei der Eröffnung der zweitägigen Konferenz „Die iranische Bedrohung“ am Samstagabend in der Uni Wien. Die von der Plattform „Stop the Bomb“ in einem Hörsaal abgehaltene Tagung war nicht unumstritten, Kritiker sprechen von einer Anti-Iran-Kampagne.

Für Wirbel sorgte zum Auftakt, dass einer Journalistin der iranischen Nachrichtenagentur Irna der Zutritt zur Konferenz verweigert wurde. Die Begründung der Veranstalter für die Einschränkung der Pressefreiheit: Die Nachrichtenagentur sei eine staatliche Institution und daher Teil des Verbrecherregimes. Es gehe zudem um den Schutz der an der Konferenz teilnehmenden Exiliraner. Allerdings: Ein Videomitschnitt der Konferenz soll im Internet veröffentlicht werden.

Mit Morris am Podium saßen Yossi Melman von der Tageszeitung Haaretz, Paulo Casaca, sozialdemokratischer Abgeordneter im EU-Parlament und Patrick Clawson, vom Washington Institute for Near East Policy.

Keine Sympathie

Einig waren sich alle, dass der Iran nach Atomwaffen strebe und dass dies verhindert werden müsse. Denn „gleichgültig, ob uns das nun lächerlich erscheint oder nicht: Die iranische Führung ist tatsächlich davon überzeugt, dass sie den Westen zerstören kann“, argumentierte Clawson. Das Regime in Teheran werde dabei von einer religiösen und einer revolutionären (marxistischen) Agenda angetrieben. Seit der islamischen Revolution von 1979 betreibe der Iran ein Terrorprogramm. Im Inland seien Oppositionelle das Ziel, im Ausland derzeit Israel und die US-Truppen im Irak. Melman skizzierte dann die Geschichte des iranischen Atomprogramms.

Bereits unter der Herrschaft des Schahs habe der Iran versucht, ein militärisches Nuklearprogramm zu starten. Das Projekt wurde nach der islamischen Revolution auf Eis gelegt, gegen Ende der 80er-Jahre aber reaktiviert. Unter anderem, weil der Iran sich während des Krieges gegen den Irak im Stich gelassen fühlte. „Der Irak setzte chemische Waffen ein, was verboten ist. Aber dennoch gab es von der Welt keine Sympathie für Teheran“, sagte Melman. Kritik wurde auch an den Geschäften der OMV mit Teheran und am „Appeasement“ der Europäer geübt.

Morris argumentierte schließlich, dass selbst eine US-Sicherheitsgarantie für Israel den Iran nicht davon abhalten werde, seine Atomwaffen einzusetzen. Ein US-Gegenschlag nach einem iranischen Atomangriff auf Israel sei nicht realistisch: „Israel wäre schon zerstört, was würde ein Zweitschlag bringen? Würden Obama oder Clinton wirklich den Knopf drücken?“ Und sogar ohne ihren Einsatz wäre ein iranische Bombe fatal. Kein arabischer Staat würde es mehr wagen, Frieden mit Israel zu schließen. (András Szigetvari/ DER STANDARD, Printausgabe, 5.5.2008)