"3"-Chef Berthold Thoma.

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Handy-TV soll mit DVB-H schon zur Euro 08 starten. Der Mobilfunker "3" sprang mit One als erstes auf den Zug auf. Doch noch ist nicht abzuschätzen, ob es sich bei Handy-TV nur um ein Nischenprogramm handelt oder tatsächlich die Masse erreichen kann. "Wir sind die Lokomotive, die die ganze Maschinerie zieht", sagt CEO Berthold Thoma im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

derStandard.at: Wird Handy-Fernsehen über DVB-H in Österreich rechtzeitig zu Euro starten?

Berthold Thoma: So wie es aussieht, steht dem nichts im Wege.

derStandard.at: Wie sieht es mit der Verbreitung aus?

Berthold Thoma: Wir werden alle Spielstätten erreichen, nur Linz leider noch nicht. Linz und St. Pölten werden so peu à peu dazugeschaltet werden. Ende Oktober werden etwa 55 Prozent der Bevölkerung abgedeckt sein. Über IP-Streaming via UMTS kann man aber auch jetzt schon am Handy fernsehen.

derStandard.at: Können Sie schon etwas zu den Kosten sagen?

Berthold Thoma: Ganz bestimmt nicht. Sie müssen verstehen, dass wir nicht jetzt schon die Hosen herunterlassen, damit sich der Mitbewerb darauf einstellen kann. Näheres dazu gibt es erst kurz vor dem Start. Es wird sich aber jeder leisten können.

derStandard.at: DVB-H ist ja eine Kooperation aus drei Parteien – der Media Broadcast, "3" und One sowie den Programmanbietern. Wie sieht die Kostenverteilung aus?

Berthold Thoma: Die Media Broadcast stellt das Netz. Wir ("3" und One) Zahlen an die Netzbetreiber pro Kunden einen fixen Betrag.

derStandard.at: Weshalb hat "3" ausgerechnet auf dieses Konsortium gesetzt?

Berthold Thoma: Da hier die Kosten genauso wie das Risiko auf drei Parteien aufgeteilt sind. Das war für uns das sinnvollste Geschäftsmodell.

derStandard.at: Nun hat man sich gemeinsam gegen andere Bewerber durchgesetzt. Aber das Netz der Media Broadcast steht doch jedem Mobilfunker zu den gleichen Konditionen zur Verfügung. Was hält also A1 und T-Mobile davon ab, jetzt auch an Bord zu kommen?

Berthold Thoma: Eigentlich nichts. Bei A1 ist es vielleicht ein bisschen gekränkte Eitelkeit, weil ihr präferiertes Modell nicht zum Zug kam und sie jetzt eben nach der Musik von "3" und One spielen müssen. Langfristig wird man das aber, glaube ich, nicht durchhalten.

derStandard.at: Es besteht ja kein Wettbewerbsnachteil, die Konditionen sind doch für alle gleich…

Berthold Thoma: Beim Netz schon, aber nicht bei den Programmen. Die Verträge mit den Programmanbietern müssen sie auch erst einmal abschließen.

derStandard.at: Hat "3" exklusive Programme?

Berthold Thoma: Naja, wir haben die Verträge bereits unter Dach und Fach, diesen Schritt sind wir den anderen voraus.

derStandard.at: Haben "3" und One die gleichen Programme?

Berthold Thoma: Ja, wir haben hier von Anfang an zusammengearbeitet. Worin wir uns unterscheiden ist, dass wir zusätzlich noch unser Angebot über IP-Streaming via UMTS haben. DVB-H kann nur eine begrenzte Anzahl von Programmen ausstrahlen (16 Fernsehsender, vier Radiosender). Daher schieben wir alle Massenprogramme auf DVB-H, um die UMTS-Bandbreite zu entlasten und bieten mit IP-Streaming die Programmvielfalt an. Über IP-Streaming haben wir jetzt schon 37 Kanäle.

derStandard.at: Für DVB-H werden wieder neue Endgeräte gebraucht. Werden die teurer sein?

Berthold Thoma: Ja. Die Produktion ist einfach teurer, da diese Geräte über einen zweiten Empfänger verfügen.

derStandard.at: Wie viele Hersteller bieten entsprechende Handys an?

Berthold Thoma: Derzeit sind es eine Hand voll. Im Wesentlichen sind das Nokia, LG, Samsung und zwei chinesische Hersteller.

derStandard.at: Welche Handys wird es bei "3" zum Startschuss geben?

Berthold Thoma: Das wollen wir noch nicht verraten, aber es wird eine Auswahl geben. Schauen Sie einfach über die Grenze, man kann von Nachbarländern vieles lernen…

derStandard.at: One wird nach eigenen Angaben nur das N77 von Nokia anbieten ...

Berthold Thoma: Ja, das kenne ich. Das sieht so aus, wie das N73 mit einem größeren Display.

derStandard.at: Und Antenne. Ist das nicht ein bisschen merkwürdig, dass wir nach Jahren der Handyentwicklung nun dank DVB-H wieder Mobiltelefone mit Antenne sehen?

Berthold Thoma: Naja, die Antenne kommt eigentlich nur am Rande des DVB-H-Empfangs zum Einsatz. Bei gutem Signal kann man sie drinnen lassen. Später werden die Endgeräte bei schlechtem Empfang automatisch auf IP-Stream umsteigen.

derStandard.at: Wie sieht es mit dem Akkuverbrauch aus?

Berthold Thoma: In den Tests zeigt sich, dass der Verbrauch ein großer Vorteil von DVB-H ist.

derStandard.at: Ist es effizienter als IP-Stream?

Berthold Thoma: In jedem Fall.

derStandard.at: Wie hoch schätzen Sie die Akzeptanz für Handyfernsehen? Befürchten Sie nicht, dass das wieder nur ein Nischenprodukt wird?

Berthold Thoma: Ist schwer zu sagen. Wenn man Japan und Korea als Referenz nimmt – dort gibt es kaum noch Geräte ohne ...

derStandard.at: ... aber dort ticken die Uhren auch anders.

Berthold Thoma: Ja. In Italien verkaufen wir (Hutchison Italia) aber auch schon die Hälfte aller Geräte mit DVB-H. Italien tickt auch anders, kann man sagen. Nur, andere Referenzen gibt es noch nicht. Ich glaube, Handy-Fernsehen ist etwas das jeder versteht und eine rasch aufgenommen werden wird.

derStandard.at: Glauben Sie nicht, dass "Public Viewing" DVB-H einen Strich durch die Rechnung machen wird, zum Startschuss bei der Euro 2008?

Berthold Thoma: Die Euro ist ja auch nur ein guter Anlass. Wenn wir über die Euro 2000 bis 3000 Stück verkaufen, wäre das schon ein riesen Erfolg.

derStandard.at: Welche Erwartungen hegen Sie fürs erste Jahr?

Berthold Thoma: Wenn wir ("3" und One) im ersten Jahr 20.000, 30.000 DVB-H-Handys absetzen, sind wir schon sehr zufrieden.

derStandard.at: Wenn man sich die Entwicklung von "3" ansieht, erkennt man eine Affinität für etwas riskantere Projekte. Zuerst war es die Video-Telefonie, die sich schlussendlich nicht als starkes Zugpferd entpuppte und jetzt setzt man auf das schwer einschätzbare Handy-Fernsehen ...

Berthold Thoma: Das ist nicht riskant. Wir sehen uns als Innovationsführer in Österreich. Wir sind die Lokomotive, die die ganze Maschinerie zieht. Und wie man sieht, springt einer nach dem anderen auf den Zug auf. Wir haben als erstes auf UMTS gesetzt und heute ist es das boomende Geschäft. Allein unsere Netzlasst hat sich in einem Jahr verdreißigfacht. Um Innovationsführer zu sein, muss man den ersten Schritt tun. Darauf zu warten, dass etwas passiert, bringt einen nie zur Marktführerschaft.

derStandard.at: Die große Nachfrage nach UMTS ist aber dem mobilen Breitband zuzuschreiben. Das ist nicht das, was "3" zuerst angesprochen hatte ...

Berthold Thoma: Ja, weil mobiles Breitband damals noch nicht möglich war. Das kam erst mit HSDPA. In ein paar Jahren wird sich kein Mensch mehr ein GSM-Handy kaufen. Das haben mittlerweile auch die anderen verstanden. "3" ist dazu verdammt die Lokomotive zu sein, um auf diesem Markt mit den anderen auf Augenhöhe zu sein.

derStandard.at: Wann schätzen Sie, wird die Strategie von "3" aufgehen? Nach fünf Jahren ist man immer noch der kleinste Anbieter des Landes.

Berthold Thoma: Mit den höchsten Umsätzen pro Kopf. Wir sind heute an dem Punkt angelangt, an dem unser EBITDA positiv ist. Das heißt, wir könnten uns selbst am Leben erhalten.

derStandard.at: Wenn die Steuer nicht wär ...

Berthold Thoma: Nein, nein – Steuern müssen wir die nächsten zehn Jahre nicht zahlen. Weil wir bislang über eine Milliarde investiert haben. Es zahlt in Österreich von den Mobilfunkern keiner Steuern, außer die Mobilkom. Das Thema ist, wir müssen über eine Milliarde abtragen. Das ist die Herausforderung.

derStandard.at: Von welchem Zeitraum sprechen wir da?

Berthold Thoma: Das wird noch lange dauern. Da reden wir noch von Jahren. Unsere Lizenz läuft ja auch noch 15 Jahre.

derStandard.at: Wird es "3" in 15 Jahren noch geben?

Berthold Thoma: Wir leben in der Telekommunikationsbranche. Gibt es irgendeinen Netzbetreiber, den es in 15 Jahren noch geben wird? Ich glaube, es gibt in Europa keinen einzigen Netzbetreiber, der gesetzt ist.

derStandard.at: Sind die Pläne vom Mutterkonzern Hutchison langfristig ausgelegt?

Berthold Thoma: Die Frage bekomme ich vom Tag Eins gestellt. Warum sollte Hutchison "3" verkaufen? Vielleicht, wenn jemand kommt, der soviel bezahlt, dass man gutes Geld verdient. Deutlich mehr als eine Milliarde.

derStandard.at: Abschlussfrage: Werden Sie die Euro über das Handy verfolgen?

Berthold Thoma: Natürlich.

derStandard.at: Wer ist ihr Favorit?

Berthold Thoma: In der Gruppe ist es Deutschland. Ich glaube aber nicht, dass Deutschland Europameister wird. Ich hoffe in jedem Fall, dass es Österreich schafft in die nächste Runde zu kommen.

derStandard.at: Vielen Dank für das Gespräch.
(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 4. Mai 2008)