Drei Telefone als drei Kimonos: eine Arbeit von Frances Stark in der Wiener Secession.

Foto: Secession

Wien - Sie hätte die Texte ausdrucken können. Sie hat aber Worte - manchmal Silben - ausgeschnitten, um sie auf einem Karton einzusetzen. Wichtig ist Frances Stark, eine Ebene zu schaffen. Mit einer Collage wäre das unmöglich. Diese Fuzelei ist eine Wertschätzung des Textes. Mehr ist sie aber eine Betonung ihrer Elemente und der Möglichkeit, sich zusammenzufinden.

Was könnte nicht alles werden, fragt der Gärtner? Und wie Samenkapseln streuen denn auch Starks Ornamentpuppen im Stil der 20er-Jahre die Buchstaben mit Händen aus. In den Arbeiten der Kalifornierin spielen Literatur und Kunst stets eine gleich große Rolle.

Das Werk, das sie als "Teile von Teilen" in die Ausstellung A Torment of Follies integriert, ist Witold Gombrowicz' Roman Ferdydurke, eine Abrechnung mit der Ignoranz der Kritiker, den "intellektuellen Tanten". Darin pocht er auf Individualität und geistige Freiheit, die ein Grundrecht auf "Unreife" einschließt. Spielerisches Gestalten und unentschlossene Formen sind also Starks Mittel, diesen Anspruch in die Kunst zu übertragen. Ob ihre Arbeiten dabei mehr leichtfüßige Illustrationen von Gombrowicz' Text sind oder dessen interpretatorische Verdauungen, stellt Martin Prinzhorn im Katalog in den Raum.

Manche Bilder legen eine Weiterführung im Sinne politischer Themen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahe: Etwa "Or a torment of undeveloped development", etwa: "Oder die Folter unentfalteter Bildung". Darin dienen zwei nackte Figuren mit Doktorhut als Stütze des in Büchern fixierten Wissens, dienen als (buch)rückenstärkender Behelf. Das kann man ebenso wie die in Kimono-Telefonen ebenso wie in sich endlos repetierenden Mustern feststeckenden und damit zu Passivität verdammten Frauen feministisch lesen. Muss man aber nicht.

In der Uneindeutigkeit der Zeichnungen liegt ebenso eine Verweigerung, den Betrachter nahe heranzulassen. Das zeigt sich als formales Symptom in den Kreisornamenten, die als Kleidchen ihrer Tänzerinnen dienen. In der Nahsicht fangen die Rädchen dieses Postermotivs an, sich gegeneinander zu drehen. Schwindlig geworden, weicht man zurück. Auch eine Möglichkeit, Kunst vor dem Zugriff - auch dem geistigen - zu sichern.

Während Jo Baer im Kaminzimmer mit vier Werken vergeblich ihre Abwendung vom Minimalismus zu illustrieren sucht, funktioniert im Keller die Verbindung von "Epochen" - mit Musik. Aus den drei Hammerschlägen der von Joseph Maria Olbrich in schwülstige Worte gekleideten Gründungsgeschichte der Secession entwickelt er die Nummer Dance with the Devil von Cozy Powell. Und auch an der ernsten Musik versucht er sich: Den an Messiaen geschulten Gesang von Spottdrosseln spielt er den Piepmätzen am Getreidemarkt vor. Wie der Balzgesang dort wohl nächsten Frühling klingt? (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.5.2008)