Fotos: Martin Fuchs

So sehen Popstars aus: Bernhard Weingartner lässt sich feiern, nachdem die Jury ihn zum Sieger wählte (oben), Jolanta Siller-Matula zeigt am Beispiel einer Perlenkette, wie Zellen altern (unten). Sie wurde damit zweite.

Fotos: Martin Fuchs

Vorbereitungen auf den Auftritt: Der Sieger wird geschminkt. Katrien Kolenberg im Vordergrund hat den Plastik-Alien auf dem Arm.

Fotos: Martin Fuchs
Eine Bühne, ein Mann spricht von blinkenden Glühwürmchen, eine Frau beschreibt mit einer Perlenkette in der Hand den Alterungsprozess von Zellen: am Beispiel einer Seifenblase. Nein, keine neue Castingshow des ORF. Doch wenn junge Forscher gefordert sind, ihr komplexes Forschungsthema in fünf Minuten zu erklären, werden sie eben kreativ. Denn einfache, kurze Erklärungen und Wissenschaft - zwei Dinge, die sich eigentlich ausschließen - müssen bei FameLab verbunden werden.

Ein Quadratmeter Platz, fünf Minuten Zeit und Requisiten nur so viele sie auch tragen können. Das muss zehn durch Vorausscheidungen ausgewählten Nachwuchsforschern beim FameLab-Finale im Wiener Technischen Museum reichen, um einer sechsköpfigen Fachjury und dem Publikum ihre Forschung verständlich zu machen. Die Bewertungskriterien: "Content, Clarity und Charisma." Der Zweck des Wettbewerbs: Junge Wissenschafter sollen motiviert werden, ihre Forschung kurz und prägnant zu präsentieren. Elfenbeinturm war vorgestern.

Da wird ein Glas mit Schlamm aus der Jacke gezaubert, um die Vielfalt des Lebens zu erklären. Wenn in dieser braunen Sauce schon 80 Millionen Lebensformen vorhanden sind, ist weiteres Leben im All wahrscheinlich, meinte Katrien Kolenberg. Eine aufgeblasene Alienspielzeugfigur hängt an ihrem Arm. Zurück bei irdischen Problemen erzählt der nächste Forscher vom Chaos. Während viele sicher bereits beobachten konnten, wie Ordnung vom Chaos verdrängt wurde - man denke nur an seinen Schreibtisch -, untersucht Bernhard Weingartner die umgekehrte Reihenfolge. Chaotische Systeme, die sich selbst ordnen.

Passiert sei das schon öfters (nur nie auf Schreibtischen). Nach dem Urknall etwa. Oder bei Glühwürmchen: Wenn die Tiere abends zu blinken beginnen, macht das jeder Käfer in einem unterschiedlichen Takt. Zufällig gibt es aber immer zwei, die gleichzeitig blinken. Dies beeindruckt die anderen Würmchen so sehr, dass sie ihren Rhythmus an die Mehrheit anpassen. Wissenschafter sagen dazu: "Selbstorganisation von Chaos." Die Hupe ertönt, die Zeit ist aus. Mit der Aufforderung zum Klatschen läuft er schnell aus dem Saal. Der Applaus des Publikums wird einheitlich.

Vom Chaos zum Zufall. "Der Atem der Moderatorin kann die Lottozahlen beeinflussen." Völlig normal, beruhigt Gerald Madlmayr. Denn wie überall bestimmen mehrere Parameter das Ergebnis. Dazu gehört auch ein Luftzug neben den Kugeln. Für den Menschen ist das Zusammenspiel der Parameter ein undurchschaubarer Vorgang. Der Computer kennt keinen Zufall, und das sei das Problem, mit dem er sich beschäftige.

Zufall in der Natur

Wie Zufall in der Natur entsteht? Er holt ein kleines, buntes Fläschchen aus der Hose, schraubt es auf und bläst. "Jede Seifenblase ist einzigartig", erklärt er, während einige Blasen über die Bühne schweben. Die Farbe auf der Oberfläche sei zufällig, jede Blase ein Unikat.

Vielen Forschern gelingt es, auf Fachjargon zu verzichten und in verständlichen Bildern zu sprechen. Michaela Schwarzenbacher vergleicht etwa die Beziehungen, die zwei Proteine im Körper eingehen, mit denen Prominenter wie Robbie Williams und Kylie Minogue. Die Rolle der Forscher - das Beobachten - übernähmen bei den zwei Musikern die Paparazzi. Dass die Beziehung zwischen zwei Proteinen den Körper über eine Krankheit informiert, macht diese zu "Very Important Proteins". Erinnerungen an Shows wie "Deutschland sucht den Superstar" werden wach.

Am Ende zieht sich eine Jury zurück, die in ihren Feedbacks immer am Anfang und am Ende positiv ist und so die Kritik dezent versteckt. Der Mathematiker Rudolf Taschner zeigt, was professionelle Wissenschaftskommunikation ist und plaudert so lange, bis die Entscheidung gefallen ist. "Newton"-ORF-Moderatorin Carolina Inama und Vorjahressieger Robert Krickl, im Brotberuf Mineraloge, vergeben die "kleinen" Preise. Den Ö1-Audiopreis für einen 99-Sekunden Beitrag bekommt Jolanta Siller-Matula, die zuvor über Gründe der menschlichen Sterblichkeit und Unsterblichkeitsenzyme erzählte.

Wenig später Geschrei, Pfiffe und Klatschen im Saal - die Zuschauer applaudieren und johlen für ihren Favoriten, auf dass das Dezibelmessgerät am stärksten ausschlägt. Georg Steinhauser, den sein "Bruder samt Clique" am lautesten unterstützt hatten, wird für seinen Beitrag über Bimssteine mit dem Publikumspreis belohnt. Da hätten wohl andere Kandidaten auch ihre Familie mitnehmen müssen. Dass der Sieger Bernhard Weingartner heißt, überrascht dann eigentlich gar nicht. Den Applaus hat er wohl als Teil der Show am geschicktesten inszeniert. (Alexander Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 30.4.2008)