Bauen jenseits der Grenze: Ungarn bleibt der Spitzenreiter für preiswertes Zweitwohnen, am meisten boomt derzeit aber Ostösterreich.

Collage: STANDARD/Friesenbichler
Billiger Grund im österreichischen Grenzgebiet macht es möglich.

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Ein G'riss um Zweitwohnsitze gibt es nicht nur in angesagten heimischen Ferienorten à la Kitzbühel und Zell am See. Seit kurzem sind es in Ostösterreich gelegene grenznahe Gemeinden wie Kittsee, Hainburg und Wolfsthal, wo die Zweitwohnsitzdichte erheblich angestiegen ist. Im Gegensatz zu den Alpendörfern im Westen Österreichs gibt es im flachen Osten keine Beschränkungen und Kontrollen, die den Liegenschaftserwerb durch temporäre Gäste reglementieren sollen.

Grund sind in beiden Fällen die Preise. Doch während in den traditionellen Skiorten exorbitante Preise besondere Exklusivität garantieren, punkten die ländlichen Regionen an der Schwelle zu den neuen EU-Nachbarn durch Grundstückspreise, die weit niedriger sind als östlich der ehemaligen Schengen-Grenze.

Kittsee im Aufbruch

"Die Wohnungspreise in Bratislava sind in den letzten fünf Jahren so gestiegen, dass sie teilweise über dem Niveau von Wien liegen", sagt Peter Bolyos, Leiter des Remax-Immobilienbüros in Eisenstadt. Für eine Eigentumswohnung in der slowakischen Hauptstadt müsse man mit 2200 Euro pro Quadratmeter rechnen. Selbst in den heruntergekommenen Vorstädten von Bratislava bezahlt man für eine Einzimmerwohnung in einem Plattenbau 100.000 Euro, weiß der Autor Martin Leidenfrost, der seit 2004 im slowakischen Grenzort Devinska Nová Ves lebt.

In seinem kürzlich erschienenen Buch "Die Welt hinter Wien" (Picus) beschreibt er unter anderem, wie sich Kittsee in den vergangenen Jahren zur neuen (Zweit-)Heimat für viele wohlhabendere Slowaken entwickelt hat. Schließlich liegen nur wenige Kilometer zwischen dem ländlichen Grenzort und der boomenden slowakischen Hauptstadt. "Da ist es ganz natürlich, dass sich die Hierarchien aufheben und die Region zwangsläufig zusammenwächst", sagt Leidenfrost.

Stetiger Grenzverkehr

"Es gibt eine gleichbleibende Nachfrage nach Hausplätzen von mittelständischen slowakischen Familien", bestätigt der Bürgermeister von Kittsee, Klaus Senftner. "Das Bauland wird bereits knapp und die Grundstückspreise sind mittlerweile auch schon gestiegen." An Beschränkungen für Zuzügler denkt die Gemeinde derzeit nicht. Man müsse erst die weitere Entwicklung abwarten und dann entscheiden, ob neue Gründe in Bauland umgewandelt werden sollen. "Noch ist der Grund in Österreich billiger, aber der Unterschied schrumpft", erläutert Gerhard Schödinger, Bürgermeister von Wolfsthal.

Weit weniger Interesse an einem Zweitdomizil besteht in umgekehrter Richtung. Für neue Villensiedlungen samt Golfplatz etwa in der Tschechischen Republik würden sich vor allem Holländer und Engländer interessieren, berichtet Remax-Makler Michael Schaller aus dem Büro in Waidhofen an der Thaya. "Nach dem Zweitwohsitz-Boom in den 70er-Jahren wurden die meisten Häuser in Ungarn, Tschechien und der Slowakei weitervererbt. Die junge Generation kann aber nichts damit anfangen und verkauft."

Unkomplizierte Bewilligungen

Nicht verkauft hat die Ernährungsberaterin Claudia Nichterl, die seit einem Jahr das Haus ihrer verstorbenen Tante im ungarischen Püski, 20 Kilometer von Nickelsdorf entfernt, nutzt. Aufgrund der nach wie vor niedrigen Immobilienpreise in Ungarn wäre ein Verkauf auch nicht ratsam. "Die Kosten für die Sanierung betrugen ein Zehntel dessen, was ich hier bezahlt hätte", erzählt Nichterl. Auch Baubewilligungen seien unkompliziert zu bekommen: "Beim Dachbodenausbau ist der Bürgermeister vorbeigekommen, und wir haben uns schnell geeinigt." Mit ein paar Forint extra könne man aber auch so manches beschleunigen, fügt Nichterl hinzu.

Mit Bodenpreisen von zehn Euro pro Quadratmeter und geringen Lebenshaltungskosten zieht Ungarn vor allem Pensionisten an. Ein Haus auf dem Land ist ab 30.000 Euro zu haben, ein neues ab 100.000. "Genauso wie bei einem österreichischen Zweitwohnsitz wird man ins Grundbuch eingetragen, und das Geld wird beim Notar hinterlassen", beschwichtigt der burgenländische Immobilienmakler Peter Bolyos allfällige Bedenken. (Karin Krichmayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.4.2008)