Helden in Alufolie: Jack Black und Mos Def in ihrer beherzten Version von "Ghost-busters".

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Wien – Keine Frage, die Digitalisierung der audiovisuellen Kultur bringt einen kaum umkehrbaren Wandel unserer Konsumgewohnheiten mit sich. Ein Ort, der fraglos dabei ist auszudienen, ist die gute alte Videothek am Eck. Vor allem dann, wenn sie aussieht wie jene in Michel Gondrys neuem Film Be Kind Rewind / Abgedreht : Die Regale schütter gefüllt mit Blockbustern, von denen die neuesten aus den 90er-Jahren stammen – und alles auf VHS. Und die Belegschaft, freundlich ausgedrückt, bemüht, aber nicht eben vom Fach. Da muss das Haus erst gar nicht zum Spekulationsobjekt werden, damit man weiß: Die Zeit ist um. Nun weiß man aus früheren Filmen von Gondry wie The Science of Sleep aber auch, dass sie eine gewisse Vorliebe für veraltete Technologien hegen. Der aus Frankreich stammende Filmemacher, der schon mit seinen verspielten Musikvideos viel Aufmerksamkeit erregte, setzt dem computergenerierten Blendwerk aus Hollywood gerne den Charme des Handgemachten entgegen – mithin Bilder, deren Illusionskraft noch einer gewissen Unterstützung durch den Zuschauer bedürfen.

Be Kind Rewind kehrt diese formale Eigenheit von Gondrys Arbeit nun gewissermaßen nach außen und macht sie zum Bestandteil der Erzählung. Jerry (Jack Black), bester Kumpel des Videothekenmitarbeiters Mike (Mos Def), wird durch einen misslungenen Sabotageakt am angrenzenden E-Werk magnetisch – und jeder weiß, was passiert, wenn Magneten in die Nähe von Videokassetten kommen: Sie werden gelöscht.

Remake mit Staniolpapier

Not macht bekanntlich erfinderisch. Nach anfänglicher Bestürzung kommt den beiden eine Idee, mit der sie Zeit zu gewinnen hoffen: Warum nicht die gefragtesten Titel einfach nachdrehen? Den Beginn macht Ghostbusters, gemäß dem Motto "Ich bin Bill Murray – du bist alle anderen!" werfen sie sich beherzt in die Dreharbeiten und benützen Staubsauger, Staniolpapier und Müllsäcke als Ausstattung ihres "Remakes". Gondry dreht gewissermaßen das Making-of dazu, ohne einem freilich Originalszenen vorzuenthalten.

Der Ausflug in die Trashfilmproduktion hat naturgemäß Folgen. Die "geschwedeten" Filme – so das Nonsens-Labeling für die Amateurarbeiten – werden zum Renner. In Selfmade-Manier wird das Sortiment von RoboCop über das Südstaaten-Melo Driving Miss Daisy bis zur Puppenversion von König der Löwen erweitert. Wobei die Filme nicht nur durch passiven Konsum so erfolgreich werden, sondern weil sie eine Art Graswurzelbewegung auslösen: Die ganze Community trägt nach und nach zum Gelingen der Filme bei.

Der Witz an Be Kind Rewind – der insgesamt leider nur halb so lustig ist wie das Geschehen vermuten lässt – ist im Grunde, dass er ein Konzept der Selbstermächtigung romantisiert, das erst in der digitalen Ära so richtig möglich geworden ist. Stichwort: YouTube, der globalen Plattform für "geschwedete" Filme.

Dass die Bedrohung der Undergroundbewegung dann auch durch Copyright-Schützer erfolgt, mag man innerhalb dieser Logik konsequent finden – oder auch ein wenig scheinheilig. In einer schönen Schlusswendung geht es Be Kind Rewind aber ohnehin weniger um Fragen des Kopierens, denn um solche des Kreativseins: Die besten Filme sind die, die man sich selbst ausdenkt. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe, 24.04.2008)