Bare Münze: Mitarbeiterorientierung

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Wien/Köln - Was weitsichtige Unternehmenslenker immer schon wussten, manche nur ahnten und andere nicht glauben wollten, ist jetzt wissenschaftlich belegt, wenn es nach einer deutschen Studie geht, die auch für Österreich relevant ist: Rund ein Drittel der Unterschiede des finanziellen Erfolgs von Unternehmen hängt von "weichen" Faktoren der Unternehmenskultur ab. Insbesondere die Mitarbeiterorientierung und das damit verbundene Engagement der Beschäftigten tragen entscheidend zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Erfolgsrelevante Faktoren sind insbesondere die Glaubwürdigkeit und Fairness der Führungskräfte, die berufliche Förderung der Mitarbeiter, deren beruflicher Stolz und Teamgeist und nicht zuletzt die Anpassungsfähigkeit der Organisation.

Dies zeigt eine große Unternehmenskultur-Studie der psychonomics AG in Kooperation mit dem Great Place to Work(R) Institute und der Universität Köln im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Deutschland. Die weltweit größte repräsentative Studie ihrer Art untersuchte in über 300 Unternehmen aller zentralen Branchen den Status von Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement und den Einfluss auf den Unternehmenserfolg.

"Menschliche Erfolgspotenziale bleiben oft ungenutzt"

Gleichzeitig macht die Untersuchung deutlich, dass die vorhandenen humanbasierten Erfolgsfaktoren in vielen Unternehmen noch nicht ausreichend genutzt werden. Zwar zeigen sich drei Viertel der Beschäftigten in Deutschland mit ihrer Arbeit "im Großen und Ganzen" zufrieden, nur jeder Dritte kann aber als "aktiv-engagiert" gelten. Jeweils etwa ein weiteres Drittel der Mitarbeiter ist entweder nur "passiv-zufrieden" oder aber "akut-unzufrieden" beziehngsweise "desinteressiert".

In mitarbeiterorientierten und wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen liegt der Anteil "aktiv-engagierter" Beschäftigter im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch wie in weniger mitarbeiterorientierten und weniger erfolgreichen Firmen. Die Leitungskräfte wirtschaftlich erfolgreicher Unternehmen sind zudem 100-prozentig von den Mitarbeitern als zentraler Erfolgsquelle überzeugt.

Erfolg sichern und ausbauen

"In gesättigten Märkten bietet das Engagement der Mitarbeiter vielleicht die einzige und aussichtsreichste Chance den eigenen Unternehmenserfolg abzusichern und auszubauen", kommentiert Gerd Beidernikl, Leiter des Geschäftsbereichs Human Resources Research und Consulting bei der psychonomics AG in Wien.

Deutliche Verbesserungsmöglichkeiten

Ein Vergleich der durchschnittlichen Mitarbeiterorientierung deutscher Unternehmen mit den Siegerunternehmen des jährlich vom Great Place to Work(R) Institute durchgeführten "Beste Arbeitgeber"-Wettbewerbs zeigt, dass "gewöhnliche" Unternehmen noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten haben. Insbesondere in puncto Führung (Integrität, Kompetenz, Kommunikation etc.), Identifikation und Partizipation der Mitarbeiter, Fürsorge und berufliche Entwicklung besteht deutliches Aufholpotenzial gegenüber den ausgezeichneten Unternehmen.

Erebnisse auch für Österreich bedeutsam

Wie aber steht es mit der Mitarbeiterorientierung und der Nutzung des "Humankapitals" beziehungsweise des "Humanvermögens" in Österreich? Aufgrund der kulturellen Nähe beider Länder erscheinen die deutschen Studienergebnisse dem Grundsatz nach übertragbar. Auch der regelmäßig von der Arbeiterkammer veröffentlichte "Arbeitsklima-Index" bietet hier eine Orientierung, greift allerdings für eine systematische Analyse brachliegender Erfolgspotenziale in den österreichischen Unternehmen zu kurz.

Eine derweil noch ausstehende landesweite repräsentative Studie nach deutschem Vorbild wird derzeit von der österreichischen Niederlassung der psychonomics AG in Wien initiiert und sollte hier genaueren Aufschluss erbringen.

Mehr Aufmerksamkeit für Arbeitsplatzkuktur

Grundsätzlich zeigt das rege Interesse am österreichischen Great Place to Work(R) Wettbewerb, dass dem Thema Mitarbeiterorientierung und Arbeitsplatzkultur auch hierzulande zunehmende Aufmerksamkeit geschenkt wird. Gleichzeitig lässt ein direkter Vergleich der österreichischen mit den deutschen Great Place to Work(R) Siegerunternehmen erkennen, dass bei der Mitarbeiterorientierung und der Nutzung des Erfolgsfaktors "Mensch" auch in Österreich Handlungsbedarf besteht: Die besten Arbeitgeber in Deutschland haben in puncto Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterengagement sogar einen leichten Vorsprung vor jenen in Österreich.

Wege zum Erfolg

Wie aber lässt sich eine erfolgreiche, mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur aufbauen? "Unternehmenskultur lässt sich nicht wechseln wie ein Anzug, sie ist aber auch kein unabänderliches Schicksal", erläutert Beidernikl. "Sorgfältige Analysen der eigenen Unternehmenskultur und des Mitarbeiterengagements - beispielsweise mit dem 'PeopleIndex' oder durch die vergleichende Messung der Human-Vermögensorientierung im eigenen Unternehmen - sowie nachfolgende Maßnahmen im Bereich Führung, Kommunikation, Personalentwicklung und Personalauswahl können einen entscheidenden Beitrag zur Steigerung des wirtschaftlichen Erfolgs leisten." Denn - so das eindeutige Fazit der Unternehmenskultur-Studie: Eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur zahlt sich für die Unternehmen wirtschaftlich aus. (red)