"Gestorben wird immer", lautete das Motto der US-Serie "Six Feet Under". Doch während in den meisten Ländern der Welt die Lebenserwartung steigt, sank sie zuletzt vor allem im Süden der USA.

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Boston - Die Ziele sind militärisch knapp formuliert und hochgesteckt: "Steigere die Qualität und Anzahl der Jahre gesunden Lebens" sowie "Eliminiere gesundheitliche Ungleichheiten". Es sind die Kernaufgaben der US-Regierungsinitiative "Healthy People 2010", die vor acht Jahren gestartet wurde und jedem Bürger des riesigen Landes zwischen Kalifornien und New York bis zum Ende des Jahrzehnts bessere Gesundheitsbedingungen bieten soll. Jedem.

Trümmer eines Traums

Das ehrgeizige Projekt droht allerdings genau an diesem Punkt zu scheitern. Die Chancengleichheit, eine Basis des vielbeschworenen "amerikanischen Traums", bleibt wohl auch in gesundheitlichen Angelegenheiten eine Utopie. Bereits 2006 schlugen Forscher Alarm. Nicht nur die Kluft zwischen Arm und Reich wachse in den USA weiter, auch in Bezug auf Mortalität öffne sich die Schere.

Zwar konnten die Forscher für alle gesellschaftlichen Klassen stetig sinkende Kindersterblichkeit und steigende Lebenserwartung verzeichnen, doch die Unterschiede in der mittleren Lebensdauer wuchsen mit. Die reichen US-Amerikaner lebten Anfang der Achtziger im Schnitt 2,8 Jahre länger als ihre armen Landsleute. 2000 war diese Differenz auf 4,5 Jahre angewachsen ("International Journal of Epidemiology", Bd. 35, S. 969).

Ein noch viel bedenklicherer Trend kommt in der aktuellen Ausgabe des frei zugänglichen Internet-Fachmagazins "PLoS Medicine" ans Licht. Nicht überall in den USA macht die Volksgesundheit Fortschritte. Der Teufel steckt - wie so oft - im Detail. Zusammen mit Kollegen von anderen US-Universitäten hat der an der Harvard School of Public Health in Boston tätige kanadische Gesundheitsexperte Majid Ezzati die Sterblichkeitsdaten sämtlicher "Counties" des Landes für den Zeitraum 1961 bis 1999 einer detaillierten Analyse unterzogen. Das Ergebnis: In manchen Regionen stieg die Lebenserwartung seit 1983 nicht weiter oder sie sank sogar wieder, während anderswo deutliche Verbesserungen stattfanden.

Misere in den Südstaaten

Früher gestorben wurde laut der Studie vor allem in Counties der ländlichen Südstaaten wie z. B. Alabama, Tennessee und Mississippi. Dass in diesen Gebieten soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und Bildungsmangel häufig auftreten, dürfte nicht weiter verwundern. Es könnten laut Ezzati allerdings noch zusätzliche, soziokulturelle Faktoren im Spiel sein. Frauen sind besonders stark betroffen.

"Was passiert eigentlich in diesen Teilen des Landes?", sei denn auch die zentrale Frage, die sich die Behörden stellen müssen. Die neuesten Entwicklungen konnte der Forscher übrigens nicht analysieren. Für die Zeit ab 2001 stellte das "National Center for Health Statistics" keine Daten zur Verfügung. Der Trend dürfte nach Ezzatis Einschätzung jedoch anhalten.

Hauptursachen für die stagnierende oder sinkende Lebenserwartung waren laut der Studie Lungenkrebs und andere Atemwegserkrankungen sowie Diabetes und weitere Folgen von Fettleibigkeit. Rauchen und Fehlernährung sind deren wichtigste Auslöser. (Kurt de Swaaf/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 4. 2008)