"Ich bin, wie ich bin": ÖVP-Chef, Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer will den "Ernsthaftigkeitstest und nicht den Showtest" bestehen.

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Wien – "Es wird ein Familiensplitting nach österreichischem Zuschnitt geben." Was Vizekanzler Wilhelm Molterer in seiner Funktion als ÖVP-Chef am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" zum Thema Steuerreform sagte, hat das Potenzial für den nächsten Koalitionskonflikt. Zwar wähnt sich der schwarze Finanzminister in dieser Frage mit der SPÖ auf gutem Weg, aber diese Einschätzung scheint der Regierungspartner nicht zu teilen.

Denn 90 Minuten später ließ SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina die ÖVP wissen: "Das wird es mit der SPÖ nicht geben." Zur Bekräftigung des Neins zu einem Familiensplitting – dabei wird das Familieneinkommen auf die Zahl der Haushaltsmitglieder aufgeteilt und dann mit entsprechend niedrigeren Sätzen versteuert – dockte Kalina beim roten Urahn an, um Molterer in die Retro-Ecke zu schieben: Die ÖVP träume in der Familienpolitik "von der Rückkehr der 60er-Jahre, die moderne Individualbesteuerung wurde bekanntlich 1972 unter Kreisky eingeführt". Ein Familiensplitting helfe nur Alleinverdienern mit hohem Einkommen, die Frau werde zurück an den Herd gedrängt

Das wolle die ÖVP ohnehin nicht, hatte Molterer zuvor im Gespräch mit Hans Bürger (ORF) und Hubert Patterer (Kleine Zeitung) gesagt. Es werde "keine Barrieren für berufstätige Frauen geben", sondern das Familiensplitting à la Österreich solle vor allem "Kinder berücksichtigen", die Absetzbarkeit von Kinderbetreuung beinhalten und ein "Mischmodell mit Absetz- und Freibeträgen". Daneben formulierte Molterer die Entlastung „des Mittelstands und der Leistungsträger“ als wesentliches Ziel der Drei-Milliarden-Euro-Steuerreform. "Alle, die Lohn- oder Einkommenssteuer zahlen, sollen weniger zahlen." Am 13. und 14. Gehalt will er nicht anstreifen, das sei Teil der "österreichischen Steuerkultur". Die als Ausfallshaftung für die Gesundheitsreform geplante Vermögenszuwachssteuer (Ausnahmen: "Grund und Boden, Eigenheim, Altersvorsorge") ist für Molterer ein Akt der "Gerechtigkeitspolitik", für jedes Sparbuch sei Kapitalertragssteuer zu bezahlen, warum nicht auch für Aktienverkäufe nach der einjährigen Spekulationsfrist? Eine Ausweitung dieser Frist ist für Molterer denkbar.

Am Gericht verpartnern

Eine weitere Ansage dürfte die SPÖ ebenfalls als hinderlich empfinden. Von Molterer wird es definitiv kein Ja zu einer Eintragung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften vor einem Standesamt geben. "Aus meiner Werthaltung heraus" wolle er eine klare Abgrenzung zur Ehe ("Es darf auch keine Nahtstelle geben", Adoption sowieso keine), sagte der ÖVP-Chef, der sich dazu bekannte, dass "die gleichgeschlechtliche Partnerschaft umgesetzt wird und Diskriminierungen beseitigt werden müssen" – aber er könne sich nur "zwei Alternativen" vorstellen: am Bezirksgericht (wie in Frankreich) oder in der Bezirkshauptmannschaft. "Es genügt nicht, eine Meinung zu haben, sondern eine Haltung."

Die Opposition hatte Meinungen zu Molterer: "Im Griff der Altkonservativen" (Grüne), "Arroganz der Macht" (FPÖ), "Schluss mit pathetischen Worten à la Pater Willi" (BZÖ). (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 21.4.2008)