In Indien etwa nähmen inzwischen rund 300 Millionen Menschen eine zweite Mahlzeit am Tag ein, sagte Merkel. "Wenn die plötzlich doppelt soviel Nahrungsmittel verbrauchen als sie das früher gemacht haben und dann auch noch 100 Millionen Chinesen beginnen, Milch zu trinken, dann verzerren sich natürlich unsere gesamten Milchquoten und vieles andere", sagte die Kanzlerin in Hinblick auf den europäischen Agrarmarkt.
Widerspricht der Weltbank
Merkel widersprach damit Darstellungen etwa der Weltbank, aber auch von Politikern etlicher Länder und der deutschen Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bei der Frühjahreskonferenz von IWF und Weltbank in Washington. So heißt es in einer Weltbank-Studie, die steigende Biosprit-Produktion habe teils erheblich zum Anstieg der Nahrungsmittelpreise beigetragen. Wieczorek-Zeul hatte von Studien gesprochen, die der Biosprit-Produktion 30 bis 70 Prozent der Schuld für den Anstieg der Agrarprodukt-Preise gegeben. Sie hatte daher eine Überprüfung der Beimischungspflichten für Biosprit gefordert.
In mehreren Entwicklungsländern ist es wegen eines starken Anstiegs etwa des Reis-Preises zu Unruhen gekommen. In Haiti stürzte die Regierung nach tagelanger Gewalt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte vor politischen und sozialen Gefahren des Preisanstiegs gewarnt, der die Existenz Tausender Menschen bedrohe.
Relativiert Bedeutung von Biosprit für Klima-Politik
Merkel relativierte zugleich die Bedeutung der verstärkten Biokraftstoff-Nutzung für die deutsche Klimaschutz-Politik. Durch den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien wolle die Regierung insgesamt bis 2020 rund 270 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Auf die forcierte Nutzung von Biokraftstoffen entfielen davon allerdings nur fünf Millionen Tonnen.