Universitätsprofessorin Eva Kreisky ist dafür. "genaue Analysen zu machen, wo die Enge im Flaschenhals ist und ab welchem Punkt die Frauen nicht mehr weiter kommen".

Foto: DER STANDARD/Robert Newald
In allen Gremien der autonomen Universitäten sollen Frauen in Zukunft einen Anteil von 40 Prozent ausmachen. Bislang galten die heimischen Hochschulen nicht unbedingt als Hochburgen der Frauenförderung - trotz eines Frauenüberhangs bei StudienanfängerInnen (57 Prozent), Studierenden und AbsolventInnen (je 54 Prozent) steht nur eine Rektorin 20 männlichen Rektoren gegenüber. Eva Kreisky, Professorin am Institut für Politikwissenschaft Wien und Universitätsrätin der Uni Innsbruck, sieht im derStandard.at- Interview Aufholbedarf. Eine pauschale Quote hält sie für sinnvoll, wo "uneinsichtige Personen zu Gange sind". Sie rät, finanzielle Anreizysteme für Unis zu schaffen. Ein "Umdenken in vormals rein männlichen Organisationen" sei machbar, erklärt Kreisky am Besipiel des Institus für Politikwissenschaft. Das Gespräch führt Julia Schilly.

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derStandard.at: Ist eine Frauenquote Ihrer Meinung nach sinnvoll? Setzt man sich mit den Quoten für Frauen im wissenschaftlichen Bereich nicht der Gefahr aus, dass es heißt, die Frauen schafften es nicht auf anderem Wege?

Eva Kreisky: Natürlich ist eine Frauenquote überall da sinnvoll, wo es noch Widerstand gibt, wo uneinsichtige Personen zu Gange sind, und die Transparenz der Verfahren mangelhaft ist: Dort wird es notwendig sein, Druck zu machen. Auf lange Sicht wäre anzustreben, dass ein solcher Druck nicht mehr notwendig wäre - aber im Moment ist das nur ein frommer Wunsch.

derStandard.at: Sollte auch gleich die Professorinnen-Quote erhöht werden? Der Frauenanteil unter den ProfessorInnen beträgt im Moment 15 Prozent, bei den AssistentInnen sind es 35 Prozent.

Eva Kreisky: Der aktuelle Frauenanteil in universitären Positionen ist das deutlichste Zeichen institutioneller und institutionalisierter Diskriminierung. Eklatant wird dies meist in den obersten Führungsgremien. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: An meinem Institut, dem Institut für Politikwissenschaft, ist bereits eine Quote von 50 Prozent erreicht. Da spielen mehrere Momente zusammen: Zum einen haben männliche Kollegen erkannt, dass es aus unterschiedlichen Gründen attraktiv sein kann, Frauen zu berufen. Zum anderen gab es unter den Studentinnen aktive Frauengruppen, die sozusagen von unten Druck machen konnten.

derStandard.at: Liegt der niedrige Anteil an Professorinnen daran, dass Frauen nicht früh genug in ihrer wissenschaftlichen Laufbahn gefördert werden?

Eva Kreisky: Unter den AbsolventInnen sind noch annähernd die Hälfte weiblich. Mit dem Doktorat und besonders dann bei der Habilitation fällt der Anteil signifikant ab. Das deutet klar auf mangelnde Förderung und strukturelle Probleme hin. Hier wird sich erst zeigen müssen, ob die Bologna-Architektur greift, also ob mit den neu eingeführten Bakkalaureats-Studien eine weitere Hürde für Frauen installiert wurde, oder ob die Bakkalaureats-Absolventinnen auch in die Masterprogramme aufgenommen werden und weiterstudieren.

derStandard.at: Von 21 österreichischen Universitäten erreichen im Moment nur zwei die Quote von 40 Prozent. Welche Maßnahmen sind bei Verstoß gegen das Bundesgleichstellungsgesetz ihrer Meinung nach sinnvoll?

Eva Kreisky: Zunächst einmal sollte es ein Anreizsystem geben, wie bspw. eine Budgeterhöhung, wenn der Frauenanteil angehoben wird. Generell wären finanzielle Anreize hier sicher zweckmäßig, damit strukturell gefördert werden kann und zum Beispiel weitere Nachwuchsstellen und Professuren eingerichtet werden können.

Wichtig ist auch eine Bewusstseinserweiterung im männlichen Teil der Gremien, die Frauenförderung immer einseitig als Belastung auffassen. Bisherige Erfahrungen mit Frauen im universitären Betrieb waren jedoch großteils positiv, waren auch qualitative Bereicherungen.

Dann ist es jedoch sicher sinnvoll, sich das je nach Studienrichtung anzusehen: Bei den technischen Studien, oder bei manchen Naturwissenschaften gibt es noch starken Nachholbedarf. Ich finde, man muss sich das sehr konkret angehen und genaue Analysen machen, wo die Enge im Flaschenhals ist und ab welchem Punkt die Frauen nicht mehr weiter kommen. Das muss auf Instituten und Fakultäten punktuell untersucht werden. Eine pauschale Regelung für alle ist unter Umständen gar nicht sinnvoll.

derStandard.at: Ist es realistisch, dass durch das Festsetzen einer Quote ein Umdenken und in der Folge Aufbrechen von festgefahrenen Strukturen einsetzt?

Eva Kreisky: Durchaus! Schon die Präsenz von Frauen und der tägliche Umgang mit Kolleginnen bewirkt ein Umdenken in vormals rein männlichen Organisationen wie die Universität eine ist. Als Beispiel kann ich nur wieder auf das Institut für Politikwissenschaft hinweisen: Es hat sich gezeigt, wenn das Klima erst einmal offen ist, es nicht mehr darum geht, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, sondern darum, ob das Qualifikations-Profil stimmt, dann steigt der Frauenanteil quasi von selbst. (Julia Schilly, derStandard.at, 16. April 2008)