Helmut Raith ist seit über 20 Jahren selbstständig.

Foto: derStandard.at/mark

Hunderte Trophäen hängen in seinem Geschäft.

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Pro Monat fertigt Raiths Betrieb zwischen 60 und 100 Präparate an.

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70 Prozent der Aufträge sind Afrikatrophäen.

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Ein ganzer Hirsch kostet rund 3.000 Euro.

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Alles Jagdbare wird ausgestopft.

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Tierpräparation kann auf der Berufsschule erlernt werden.

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Raiths Geschäft befindet sich in der Diehlgasse 34 im fünften Bezirk.

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Tote Tiere sind sein Metier. Lebendige bekommt er nicht mehr so oft zu Gesicht. Die Zeit erlaubt es nicht, dass der passionierte Jäger seinem Hobby frönen kann. Helmut Raith ist Chef des größten Tierpräparatoriums in Österreich und auch der Renommierteste seiner Zunft. "Erlebtes unvergesslich machen", lautet seine Devise. Ein Erlebnis ist schon alleine der Gang durchs Raiths Werkstatt, die "heiligen Hallen" der Präparation. Hunderte Tierschädel zieren die Wände, in jeder Ecke befinden sich Präparate. Löwen, Bären, Zebras, Affen, Büffel etc., alles ist vertreten.

Erfahrung von 40 Jahren

Raith betreibt in der Diehlgasse im fünften Wiener Gemeindebezirk sein Geschäft. Auf einer Fläche von ca. 800 Quadratmetern werken sieben Mitarbeiter, um die Trophäen der Jäger und Sammler zu verewigen. In Berührung mit "ausgestopften" Tieren ist der 56-Jährige schon in frühen Jahren gekommen: "Wir hatten im Ort einen, der das für ein Museum gemacht hat. Das hat mir gefallen und am Nachmittag nach der Schule habe ich immer dort gearbeitet." Raith stammt aus einem kleinen Ort in der Nähe von Kleinhaugsdorf an der tschechischen Grenze. 1966 ging er nach Wien, 1975 absolvierte er die Meisterprüfung und kurze Zeit später machte er sich selbstständig.

Raith ist ein schwer beschäftigter Mann. Er hat sich seine Reputation hart erarbeitet. "Mindestens 16 Stunden" am Tag verbringt er in seiner Werkstatt. Freie Wochenenden existieren praktisch nicht, denn am Samstag und Sonntag liefert Raith die präparierten Trophäen aus. Kundennähe sei schließlich in der Branche sehr wichtig, betont er. Raith bietet in seinem Betrieb das volle Programm: Von der Information über die länderspezifischen Jagdgesetze über die Erledigung aller Formalitäten bei der Trophäeneinfuhr bis zum Transport der präparierten Tiere.

60.000 Kilometer pro Jahr

Am Wochenende geht es mit einem Löwen im Gepäck nach Deutschland, eine Woche später steht eine Lieferung von 25 Häuptern nach Rumänien auf dem Programm. "Minimum 60.000 Kilometer pro Jahr" legt Raith bei seinen Fahrten zurück. Generell ist die Abwicklung der Transporte eine Herausforderung, die der Routinier zu meistern gelernt hat. "Die Leute geben viel Geld bei der Jagd aus, hinterher ist dann aber sparen angesagt", klagt er. Eine Giraffe könne noch in einen LKW verfrachtet werden, bei Elefanten komme schon ein Bootsanhänger zum Einsatz.

Kunsthandwerk

Im Prinzip gibt es zwei Arten von Präparationen, erläutert Raith: Ganzpräparate und Kopf-Schulter-Montagen. Zuerst muss das Fell von Fleischresten befreit und konserviert werden. Ein Gerüst des Körpers wird angefertigt. Danach wird das Fell übergezogen und das Präparat "geschlossen". Klingt einfach, erfordert aber jede Menge "anatomische Kenntnisse" und Geschick. Sein Beruf habe auch einen künstlerischen Aspekt, meint Raith, der für seine Kreationen schon einige Preise einheimsen konnte.

Seine Arbeit wird nicht nur von privaten Sammlern geschätzt. "Vor kurzem haben wir 30 Ganzpräparate für Siegfried in der Wiener Staatsoper gemacht", berichtet Raith. Zoos oder Museen stehen normalerweise nicht auf seiner Kundenliste. Die haben eigene Präparatoren. Qualitativ würden sich deren Produkte aber nicht mit seiner Arbeit vergleichen lassen. "Präparate für die Ewigkeit", verspricht er.

10 bis 20 Haustiere pro Jahr

In Raiths Betrieb wird alles präpariert. In erster Linie sind es Jagdtiere, manchmal werden aber auch lieb gewonnene Hunde oder Katzen gebracht. "Freunde fürs Leben", die dann im Regal stehen. "Wir bekommen insgesamt so zwischen zehn und 20 Haustiere pro Jahr", so Raith. Vor kurzem wurden innerhalb einer Woche drei Schildkröten geliefert. Ein kleiner Trost für die traurigen Kinder. Im Schnitt gehen pro Monat "zwischen 60 und 100 Präparate" über Raiths Ladentisch.

Die Preise? Einen ganzen Hirschen oder Löwen gibt es zum Beispiel um 3.000 Euro. Die billigsten Präparate wie kleine Vögel kosten rund 100 Euro. Kleines Getier gehört nicht zu Raiths bevorzugtem Auftragsmaterial. "Kein besonders gutes Geschäft", meint er. Schließlich müsse man genauso akribisch ans Werk gehen. Und zwar mit Pinzette und Lupe, weil der Körper so klein sei. Eine Präparation, die "drei Stunden aufwärts" in Anspruch nimmt. Ein Löwe verschlinge etwa drei Tage Arbeit und beschäftige zwei Mann. "Der Stundenlohn ist eher traurig bei uns", sagt Raith.

Weniger Jäger

"Die Aufträge aus Österreich nehmen ab", bedauert er, da es immer weniger Jäger gebe. Deswegen hat er seine Fühler verstärkt Richtung Osteuropa ausgestreckt. Rumänien beispielsweise sei ein hoffnungsvoller Markt. Um Kunden an Land zu ziehen, ist Raith oft im Ausland und präsentiert seine Kreationen auf Messen. "Jagdgruppen" seien sehr lukrativ. "Wenn acht Leute auf Safari nach Afrika fahren und jeder fünf Tiere schießt, ergibt das 40 zu präparierende Häupter", rechnet der Geschäftsmann vor.

Raith betrieb eine zeitlang auch ein eigenes Geschäft in Russland, das er dann "aufgrund der Distanz" wieder aufgegeben hat. Ein Teil seiner Klientel komme aber noch von dort. Dass Jagen nur ein Hobby für Reiche ist, verneint er. Viele würden aus der Mittelschicht kommen. "Für eine 14-tägige Jagd in Namibia mit fünf bis zehn Abschüssen zahlt man zwischen 3.000 und 5.000 Euro", erklärt der Meister. Namibia sei aber vergleichsweise ein billiges Pflaster.

Afrikatrophäen das meiste Geschäft

70 Prozent der Präparate, die Raith anfertigt, sind Afrikatrophäen. "Vom Inland kommen die Tiere meistens mit dem Fleisch, vom Ausland wird nur die Haut geliefert", erzählt er. Vor Ort werden die Felle gewaschen, gesalzen und getrocknet und in Raiths Werkstatt dann wieder aufgeweicht und anschließend präpariert.

Probleme bei der Personalrekrutierung kennt Raith nicht: "Es gibt genügend Jugendliche, die keinen Job haben." Ältere Arbeitnehmer seien ihm aber lieber, da die Jungen oft "keinen Biss" hätten. Tierpräparator ist kein reiner Lehrberuf und kann auf der Berufsschule erlernt werden. Die meisten Lehrlinge würden aber schon bald wieder das Handtuch werfen, da sie sich falsche Vorstellungen von dem Beruf machen. "Die Erwartungen sind einfach zu hoch und viele sehen, dass man nicht so gut verdienen kann", so Raith.

Nachfolger gefunden

Um den Fortbestand seines Betriebes muss sich der 56-Jährige keine Sorgen mehr machen. Sein Sohn wird in seine Fußstapfen treten und das Geschäft nach seiner Pensionierung übernehmen. Das Können des Meisters hat Christian jedenfalls. Bei der diesjährigen "Weltmeisterschaft der Präparatoren" konnte er in zwei Kategorien eine Medaille erringen. (Oliver Mark, derStandard.at, 13.4.2008)