Die Immobilienpreise sind damit einhergehend ebenfalls kräftig gestiegen – im Vorjahr um 28,3 Prozent. Wohnen kann sich heute nicht mehr jeder ganz selbstverständlich leisten: "Die Jungen ziehen lange nicht aus, man wohnt halt bei den Eltern", sagt Jana. Die Studentin lebt derzeit während der Woche in einer Wohngemeinschaft in Wien. Das Wochenende verbringt sie daheim in der Wohnung der Eltern, gemeinsam mit den beiden Brüdern. Deren Gehalt reicht für die Miete einer Wohnung nicht aus. Zwar sind auch die Löhne und Gehälter seit dem Systemwechsel kräftig gestiegen, allerdings nicht in allen Branchen gleichermaßen. Wer begehrter Facharbeiter in der Autoindustrie ist, kann mit einem Lohn auf österreichischem Niveau rechnen, im öffentlichen Dienst allerdings liegen sie auf weit niedrigerem Niveau. 400 Euro im Monat – zum Beispiel für einen Chauffeur - sind durchaus keine Seltenheit. Der Mietpreis für eine Garconniere liegt in etwa auf dem gleichen Niveau.
Wohnen im Plattenbau
Mit etwas Glück hat man damals zur Zeit der Privatisierung zugeschlagen – und eine der Wohnzellen in der Plattenbausiedlung Petržalka gekauft. Zum symbolischen Preis von einigen 100 Euro sind die Wohnungen im "Petersilienviertel" nach dem Systemwechsel privatisiert worden. Wer so eine hat, ist heute froh. Auch wenn der Ruf des Stadtteils im Süden der slowakischen Hauptstadt nicht eben der Beste ist. Wer über die neu eröffnete Spange Kittsee mit dem Auto anreist, passiert die im Osten nicht unübliche und auch hier unübersehbare Silhouette: Wohnsilo reiht sich an Wohnsilo. Die Bewohner der Siedlung sahen übrigens nicht allzu viel vom Westen, waren die Plattenbauten doch so konstruiert, dass der Blick aus den Fenstern gerade nicht nach Österreich führt. Heute wird auch hier kräftig renoviert, die Wohnsilos mit Farbe aufgemöbelt, und in Neubauten investiert. Rund 70.000 Einwohner leben in dem Vorort, der nur ein paar hundert Meter Luftlinie vom österreichischen Kittsee entfernt ist.
So sehr manch Einheimischer unter den steigenden Wohnungspreisen stöhnt und ächzt, so sehr freuen sich im Gegenzug andere darüber. Ein Wohnungsentwickler hat jüngst mit dem Verkauf von Wohnungen begonnen, mit deutlich erhöhten Preisen: "Ich habe nicht gedacht, dass jemand diese Wohnungen kaufen wird", sagt Andrej Ďurkovský. Zu seiner Überraschung wurden die neuen Etablissements in Eurovea zu drei Vierteln von Inländern erstanden. Ab 4000 Euro pro Quadratmeter kostet es, sich im "Neuen Zentrum" Pressburgs, am linken Donauufer zwischen den zwei großen Brücken, niederzulassen. "Das hat die Preise noch einmal in die Höhe getrieben" sagt Ďurkovský. Der Preis für Wohnflächen liege damit wohl über jenen in Wien. Vor allem die Nachfrage nach Luxuswohnungen sei stark: "Wir haben sehr viele reiche Leute hier."
Auswandern nach Kittsee
Wer sich die Wohnungspreise nicht leisten kann, aber auch nicht ewig bei der Mama wohnen will, wandert aus. Nicht sehr weit und vor allem nicht erst seit heuer. Das nahe gelegene Kittsee kommt als neue Niederlassung für viele slowakische Jungfamilien in Frage: "Acht von zehn neuen Häusern werden dort von Slowaken gebaut", sagt Stefan Slachta, Hauptarchitekt der Stadt Bratislava. "Rund 100 slowakische Mitbürger haben wir dazugewonnen", bestätigt Kittsees Bürgermeister Klaus Senftner, "aber nicht nur wir, alle anderen Gemeinden in der Region." Tatsächlich wird in der burgenländischen Minigemeinde viel gebaut. Viele schmucke neue Häuschen entstehen da entlang der Bahnlinie. Die Immobilienpreise sind allerdings seit der Ostöffnung auch hier gestiegen. "Sogar deutlich, jetzt warten wir einmal ab, wie die Entwicklung weitergeht", sagt Senftner.
Wer sich die Preise in Eurovea, gleich flussabwärts von Altstadt und Neuem Nationaltheater, direkt an der Donau, leisten kann, darf sich auf die Zukunft freuen. Denn mit neuen Bauprojekten kann man hier weiterhin aufwarten: Eurovea, das 300-Millionen-Euro-Projekt mit Wohnungen, Büros und Shopping-Mall (finanziert von der irischen Ballymore-Gruppe und gebaut von den slowakischen Töchtern der beiden österreichischen Bauriesen Strabag und Porr) ist nur eines von vielen aktuellen Bauvorhaben in der slowakischen Hauptstadt. Das Zentrum soll erweitert werden, die "Down Town" näher ans Donauufer rücken.