Bild nicht mehr verfügbar.

Die Regenbogenflagge mit dem Friedensaufruf erlangte mit Beginn des Irakkriegs 2003 Popularität.

Foto: reuters/bensch

Bild nicht mehr verfügbar.

Werner Wintersteiner, Leiter des Friedenszentrums.

Foto: Archiv
„Über Krieg und Frieden entscheiden nicht nur politische und ökonomische Faktoren, sondern insbesondere auch die Kultur“, sagt Werner Wintersteiner, Gründer und Leiter des Zentrums für Friedensforschung und Friedenspädagogik der Universität Klagenfurt. Die Suche nach den Ursachen und Gründen, die Menschen in gewalttätige Konflikte jeder Art führen, verfolgt das Institut momentan noch in Modulen, die Studierende verschiedenster Studienrichtungen im Rahmen ihrer Wahlfächer besuchen. Mittelfristig soll es jedoch ein eigenes Masterstudium der Friedensforschung geben, so der Plan. Inhaltlich widmet sich die Friedensforschung der Analyse von Ideologien und Vorurteilen und deren Einfluss auf das menschliche Verhalten, außerdem spielen die Psychologie von Großgruppen, und Identitätskonstruktionen eine große Rolle. „Wie nehme ich den anderen wahr, wie konstruiere ich ihn und die Welt“, präzisiert Wintersteiner und lacht: „Inzwischen ist eben auch die Friedensforschung im Konstruktivismus angekommen.“

Die Idee des Masterstudiums wird am Friedenszentrum „in zwei Richtungen verfolgt“: Einerseits wolle man ein reguläres Masterstudium etablieren, andererseits aber auch einen „Fortbildungsmaster“, der nicht nur Leute ansprechen soll, die gerade frisch aus dem Bakkalaureat kommen. Letzteres soll auf den Universitätslehrgang „Human Rights and Peace Education in Europe“ aufsatteln, der bereits seit 2004 im Angebot ist. Es handelt sich dabei um eine Zusammenarbeit mit der Unesco, über die die Teilnehmer in fünf rund einwöchigen Seminaren an verschiedenen Orten die unterschiedlichen Verhältnisse, Lebensbedingungen und Kulturen innerhalb Europas kennenlernen.

Das Berufsbild wird folgen

Aber gibt es auch ein Berufsbild, dem die Absolventen des künftigen Friedens-Masters entsprechen?_Wintersteiner geht diese Frage anders an: „Ich glaube, dass es die Einsicht in die Notwendigkeit des Studiums erst geben wird, wenn es die entsprechenden Leute gibt.“ Dabei sei diese Einsicht in anderen Ländern durchaus schon vorhanden: „Meine Tochter hat Friedensforschung in England studiert, weil man das hierzulande damals nicht konnte. Dort ist man schon bereit, die Absolventen in den verschiedensten Bereichen einzusetzen. In Österreich herrscht eher noch Unverständnis vor.“

Wintersteiner sieht jedenfalls viele Einsatzmöglichkeiten, denn letztlich geht es bei der Friedensforschung immer „um die Abschaffung von Krieg und Gewalt – und man kann nicht behaupten, dass man das heute nicht brauchen würde“. Ein konkretes Aktionsfeld sieht der Friedensforscher praktisch vor der eigenen Haustür: im Kärntner Ortstafelstreit, dem schon Bruno Kreisky nicht Herr werden konnte. „Das ist uns hier am Zentrum ein großes Anliegen, natürlich“, so Wintersteiner. „Wir versuchen, die Gegner miteinander ins Gespräch zu bringen, was aber keineswegs bedeutet, dass irgendwann alle einer Meinung sein müssen – dieser Aspekt spielt dabei eine wichtige Rolle!“ Gefährlich sei im Übrigen gar nicht nur „der Konflikt als solcher, sondern die Art, wie besonders unser Landeshauptmann damit umgeht“. Wie viele Beobachter kritisiert auch Wintersteiner „den Versuch, die Idee des Rechtsstaats zu umgehen und ihn in einzelnen Fällen gar auszuhebeln“. Dass die Friedensforschung zum Massenstudium wird, erwarte er natürlich nicht. Die Tatsache, dass unnötige Konflikte aber stets mit wirtschaftlichen Kosten verbunden sind – auch der Kärntner Minderheitenkonflikt bremse schließlich die wirtschaftliche Entwicklung des Landes –, macht ihn jedoch zuversichtlich, dass die Rentabilität des Unternehmens erkannt würde.

Dass Österreich historisch gesehen kein schlechter Standort für die Friedensforschung ist, bestätigt Wintersteiner: Immerhin ging der Friedensnobelpreis 1905 an Bertha von Suttner, deren Hauptwerk von 1889 den schönen Titel „Die Waffen nieder!“ trug. Dem Aufruf war leider kein Erfolg beschieden: Kurz nach von Suttners Tod 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. (Bernhard Madlener/DER STANDARD-Printausgabe, 5./6. April 2008)