Chromatics: "Night Drive"
Das US-Trio produziert mit flächigen Keyboards, Sequencer, Drumcomputer und verhallter Gitarre minimalistische, melancholische Disco-Tracks für die frühen Morgenstunden in der Nachbarschaft des unterkühlten New-Wave-Pop der legendären Young Marble Giants, wenn diese sich von Giorgio Moroder produzieren hätten lassen. Besonders hübsch: eine reduzierte Interpretation des Kate-Bush-Klassikers "Running Up That Hill". Hier fällt auch gar nicht auf, dass Ruth Radelet eigentlich nicht singen kann. (Italians Do It Better/Import)

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www.myspace.com/chromaticsmusics

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Folklabor: "The Slider In Advance"
Der heimische Elektronikproduzent Philipp Mold ("Cirque de Delay") führt die Formalismen von Techno mit seinem neuen Projekt Richtung Folksong. Er lässt sich vom heimischen HipHop-Produzenten Florian Blauensteiner koproduzieren und von Maria Augustin gesanglich wie an der Querflöte(!!!) begleiten. Siehe auch: das Kraftwerk-Album "Ralf & Florian" von 1973. Das Wiener Elektroniklabel Angelika Köhlermann war schon immer für Überraschungen gut. Mit diesen deutsch-englisch vorgetragenen, teilweise mit Vocoder verfremdeten, sanftmütigen Liedern erscheint anlässlich des zehnjährigen Labeljubiläums wunderbare Hybridmusik für Haus und Garten. (Angelika Köhlermann/Hoanzl)

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www.folklabor.at

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Farmers Market: "Surfin’ USSR"
Dem internationalen Balkan-Pop-Phänomen wird mit dem neuen Album dieser bisher außerhalb Skandinaviens weitgehend unbekannten Band aus Norwegen eine weitere Facette des Wahnsinns beigefügt. Bulgarische Volksmusik trifft auf Jazz trifft auf amerikanische Surf- und Agentenfilm-Sounds. Ereignisballung! Die Songtitel sind die halbe Miete: "Ladyboy’s Night At The Cultural Relativism Saloon", "One Day, Son, All I Own Will Still Belong To The State" oder auch: "Dissident Harmony Sisters Camel Call". (Ipecac/Trost)

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www.southern.net

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Rummelsnuff: "Halt Durch!"
Das ostdeutsche Muskelpaket Roger Baptist gibt zu flottem wie Richtung Butterfahrt mit Alleinunterhalter tendierendem Elektropop den Mittelsmann zwischen Jean Genet, Laibach und Rammstein. Freunde der christlichen Seefahrt werden grimmig geknurrte Lieder über die Vorzüge des männlichen Ringkampfs, Hundetreue und "Halbstark Und Laut" zu schätzen wissen. In jeder Hinsicht: eine starke Sache! (ZickZack/Hoanzl)

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www.rummelsnuff.com

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Beck: "Odelay"
Das ursprünglich 1996 erschienene Meisterwerk des kalifornischen Pop-Eklektikers in Deluxe-Version mit 19 bisher unveröffentlichten oder schwer zu bekommenden B-Seiten, Demoversionen und Remixes. Aphex Twin meuchelt etwa im Schranzen-Jumpstyle "Devil’s Haircut": Bam, Oida! Ein postmodernes Fest. Während diesem scheint zwischen Folk, Blues, HipHop, Country, Surf, Garage Punk, Psychedelic oder Easy Listening alles möglich. So relevant und auf der Höhe der Zeit wie damals. Einmal alles, bitte! (Universal)

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www.beck.com

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Spectrum Meets Captain Memphis: "Indian River"
Peter Kember alias Sonic Boom, ehedem bei den legendären britischen Drogenfressern und Psychedelik-Minimalisten Spacemen 3 beschäftigt, trifft in Memphis auf den nicht minder legendären Produzenten und Musiker Jim Dickinson (Ry Cooder, Bob Dylan, Rolling Stones, Aretha Franklin, The Cramps...). Heraus kommt eine wilde Mischung aus Swamp- und Krautrock und flirrender Elektronik, die von Dickinsons kaputter Sprechgesangsstimme veredelt wird. Hervorzuheben wären der Track "The Lonesome Death Of Johnny Ace" oder Neubearbeitungen von Kembers "Amen" und "When Tomorrow Hits". Groß! (Birdman Records/Trost)

Link:
www.birdmanrecords.com

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Oblivians... Play 9 Songs With Mr. Quintron
Ein Klassiker des Blues- und Soul-Punk, dargebracht von zwei Fixgrößen des US-Underground im Jahr 1997. Wer Jon Spencer’s Blues Explosion, Heavy Trash oder The Cramps und ähnlich unverwüstlichen, uneinsichtigen, ungewaschenen Ausschweifungs-Rock’n’Roll liebt, muss dieses Album haben. (Crypt Records)

Link:
www.cryptrecords.com

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Be Your Own Pet!: "Get Awkward"
Hübsch durchgeknallter, messerscharf von Jemina Pearl gebrüllter und von Sonic Youths Thurston Moore protegierter US-Teen-Punk, der laut pitchforkmedia.com mitunter tatsächlich an die Hausband der Muppets-Show erinnert, wenn diese Black Flag gehört hätte. Die Single "Becky" erfreut mit einem an die Shangri-Las auf Amphetaminen erinnernden Girl-Pop, der das Ende einer Beste-Freundinnen-Beziehung ziemlich heftig verhandelt. Kinder sollten statt Christl Stürmer Be Your Own Pet! hören. Da könnten sie dazu auch gleich ihr Englisch verbessern. (XL Recordings/Edel)

Link:
www.beyourownpet.com

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The Black Keys: "Attack & Release"
Eigentlich wollte das im Brackwasser der White Stripes Blues und Rock’n’Roll erkundende US-Duo dieses von Danger Mouse (Gnarls Barkley, Gorillaz...) puristisch und völlig unmodern produzierte Album mit Rock’n’Roll-Legende Ike Turner am Mikrophon aufnehmen. Doch der segnete noch vor den Studioterminen das Zeitliche. Aber auch ohne das Donnergurgeln des Altmeisters ist jetzt eine unaufdringlich alte Blues-Punk- und Rock-Vorgaben (The Gun Club, Led Zeppelin...) verhandelnde CD entstanden. Der fehlt möglicherweise nur etwas von jenem Feuerwasser, das beispielsweise die oben genannten Oblivians befeuerte. (V2/Universal)

Link:
www.theblackkeys.com

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The Raconteurs: "Consolers Of The Lonely"
Apropos The White Stripes: Jim White veröffentlicht mit seiner Zweitband gerade ein tüchtig Richtung Früh-70er-Jahre schiebendes neues Album voller alter, Jimmy Page glücklich machender Bluesrock-Riffs im zeitgenössischen Gewand, bei dem im Gegensatz zum Debüt "Broken Boy Soldiers" die hochenergetische Mannschaftsleistung im Vordergrund steht. Auch zwischengeschobene Balladen wie "You Don’t Understand Me" rumpeln ganz prächtig. (XL Recordings/Edel)

Link:
www.theraconteurs.com

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