Hercules And Love Affair: "Same"
Das Platte-des-Jahres-Geschrei wollen wir uns im April noch verkneifen, aber so wie sich Antony Hegarty, der Balladenkaiser von Antony And The Johnsons, bei diesem Neo-Disco-Projekt durch die Weltnummer "Blind" und andere surft, wird wohl ausreichen, um am Ende von 2008 irgendwo ganz vorne genannt zu werden. Wer bei "Disco" bisher aus diversen ländlichen Selbsterfahrungen verständlicherweise allergisch ablehnend reagiert: Dies hier sperrt gewissermaßen das Studio 54 in fucking New York City wieder auf. Maschierpulvermusik mit Herz! (EMI)

Link:
www.herculesandloveaffair.com

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Fleisch ist mein Gemüse: "Soundtrack"
Das kurzweilige Büchlein von Heinz Strunk von vor ein paar Jahren wurde nun nicht ganz unabsehbar verfilmt. Für den Soundtrack dieser Geschichte im Milieu elender Wochendmusikkapellen im ländlichen Deutschland, haben sich verschiedenste Studio-Cracks als Elendscombo zusammen getan, um Klassiker des schlechten und unterirdischen Geschmacks entsprechend scheiße neu einzuspielen: Etwas "Stumblin' In" (Chris Norman & Suzy Quatro), "Needles And Pins", "Moviestar", "Sun Of Jamaica" und andere mehr: Geil abgeliefert! (Warner)

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The Ruby Suns: "Sea Lion"
Herrlich verschrobenen Sektenfolkpop mit hawaiianischem oder kubanischen, irgendeinem zwittrigen Inseleinschlag jedenfalls, liefern die – ha! –Inselbewohner (Neuseeland!) Ruby Suns auf diesem wunderbaren Album ab, das stellenweise so klingt, als hätte sich Chris Knox, ein anderer Großer von Down Under, mit der Welt versöhnt und mit einer Großfamilie dieses Album eingespielt. Gegen Ende dünnt es ein wenig aus, aber bis dahin ist es ein weiter, prächtiger, lustvoller Weg. (Universal)

Link:
www.subpop.com/artists/the_ruby_suns

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Robert Forster: "The Evangelist"
Wir bleiben Down Under – in Brisbane. Dort lebt Robert Forster, der verbliebene Go-Between, der mit "The Evangelist" sein erstes Soloalbum seit zwölf Jahren abliefert, das erste seit dem Tod von Grant McLennan 2006. Ein tragischer Umstand, der das Album zwar prägt, aber nicht in Beschlag nimmt. Abschied ja, Weiterleben und Aufbruch - auch ja! Man hört: Beste Go-Betweens Musik minus die Beiträge von Grant McLennan, auch der Rest der Letztbesetzung der gottvollen Folkrock-Popper, Glenn Thompson und Adele Pickvance, sind dabei. Eine Bank!

Link:
www.robertforster.net

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Robert Owens: "Night-Time Stories"
"Robert Owens! Who? Never heard of 'em!" So tönt es im Intro des neuen Albums von Robert Owens, seines Zeichens Goldkehlchen des House. Danach kommt einmal lange niemand. Owens, einst Gründungsmitglied von Fingers, Inc, also heiliges Urgestein des Genres, spielt längst in seiner eigenen Liga, die bestimmt ist vom alten Soul, den er in seiner Jugend gehört hat und dessen emotionaler Tiefe Owens an die pumpenden Beats angepasst hat. Gänsehaut in der Disco? Mit Owens an der Stimme - kein Problem. (Compost/Hoanzl)

Link:
www.compost-rec.com

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Viele Bunte Autos: "Jetzt komme ich"
Das schmale Werk der Wiener Frühachtziger-Band Viele Bunte Autos (Szene-Wirt Herbie Molin, Angie Mörth-Hergovich, Rudi Platzer und Pilotenbrillenträger Fritz Ostermayer) wurde nun erstmals für eine CD zusammengetragen. Minimalistischer New Wave mit Zeitgeistsaxofon und Quietschgesang, der all jene erfreuen sollte, die mit Bands wie Chicks On Speed und Konsorten etwas anfangen können. Der schönste Song ist immer noch "Küsse" mit der ewigen Zeile "Mama, kann man vom Küssen Kinder kriegen". Kann man? (Klanggalerie)

Link:
www.klanggalerie.com

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The Whip: "X Mark Destination"
Diese Band aus Manchester kriegt zu Hause auf der Insel reichlich Lorbeer verpasst: Das beste seit LCD Soundsystem – überschlägt sich der ansonsten ja bekanntlich immer voll cool bleibende NME. Diese Steilvorlage geht sich zwar nicht ganz aus, die Richtung ist damit aber getroffen: Dancerock aus reichlich Versatzstücken der Vergangenheit werden hier in den Mix geworfen und mit vier-Uhr-morgens-Gröhlstimme, ähm, veredelt. "Frustration", der zweite Track, klingt allerdings so sehr von LCD SS "beeinflusst", dass hier vor allem auch der Trittbrettfahrerverdacht seine Aura verbreitet. (Edel)

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MGMT: "Oracular Spectacular"
Diesbezüglich hyperventilieren gerade einige modeanfällige Kollegen - von wegen der Titelsong dieses Albums wäre das größte Ding aller Tage. Wenn man davon absieht, dass der Song "Time To Pretend" ein gepflegtes Rip-off einer Nummer ist, die ich seit Wochen nicht vom Kopf auf die Zunge bekomme - kann mir da jemand nachhelfen? Jemand eine Idee? - , kann man sagen, dass "Oracular Spectacular" eine lässige Single ist, der Rest des Albums dieser Band Brooklyn bleibt nette aber doch eher bescheidene Popmucke. Don’t believe se hype! (Sony)

Link:
www.whoismgmt.com

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Nigeria Special: "Modern Highlife, Afro Sounds & Nigerian Blues 1970-6"
Wem die polyrhythmischen Exzesse mancher afrikanischer Musik nicht taugen – easy. Diese grandiose Kompilation über zwei CDs nigerianischer Musik aus den 70er-Jahren, bietet einen gut abgehangenen Querschnitt ohne Zappelphilipp-Alarm. Im Gegenteil: Wenn hier Blues und Funk angesprochen werden, dann klingt das auch danach und hat nichts mit eitlem Gebolze von nach Westen getragenen Sounds zu tun. Hier einzelne Bands hervorzuheben wäre vermessen. Eine Offenbarung für jeden, der mit Blues, Funk oder auch kubanischer Musik etwas anfangen kann. (Hoanzl)

Link:
www.soundwayrecords.com

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Beck: "Odelay"
Auch schon wieder zwölf Jahre alt ist "Odelay" des ehemaligen Wunderwuzzis Beck, der in den 90ern gezeigt hat, das Eklektizismus nicht nur ein Wort aus dem Fremdwörterlexikon ist. Eben wurde eine sportliche Deluxe-Edition des Albums aus 1996 wieder veröffentlicht. Neben dem immer noch erstaunlich modern klingenden Originalalben sind darauf etliche Outtakes und Remixe zu finden – für Vollständigkeitsfanatiker. Lustig: Für das neue Booklet wurden 15 High Schooler zu "Odelay" befragt. Die Antworten sprechen Bände bezüglich der Halbwertszeit von Pop!

Link:
www.beck.com

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