Es ist bekannt, dass nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) Grundstücke zum aktuellen Tageswert bzw. Zeitwert bewertet werden können, wenn diese zum Zwecke von Mieteinnahmen oder der Wertsteigerung gehalten werden (IAS 40.30). Dabei wird die Erhöhung des Zeitwertes zwischen den Bilanzstichtagen in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als Ertrag ausgewiesen (DER STANDARD, 20.2.2008 ).

Wenig Beachtung wird hingegen in der Praxis der Möglichkeit geschenkt, auch selbstgenutzte Grundstücke zu Zeitwerten zu bewerten (IAS 16.29). Deren Erhöhung ist dabei im Normalfall nicht in der GuV als Ertrag auszuweisen, sondern in einer eigenen Rücklage im Eigenkapital. Diese Rücklage wird noch um latente Steuern reduziert.

Stille Reserven

Die so genannte Zeitbewertung selbstgenutzter Grundstücke wird derzeit nur von einer kleineren Zahl europäischer Unternehmen, zu denen etwa Rheinmetall und LVMH gehören, angewandt, obwohl sie auch für andere Unternehmen sinnvoll sein könnte – vor allem für jene, die über größere Beträge von stillen Reserven im Grundvermögen verfügen. In Österreich wurde dieses vorhandene bilanzpolitische Potential bisher nicht erkannt.

Die Zeitbewertung selbstgenutzter Grundstücke löst im Normalfall den positiven bilanzpolitischen Effekt aus, dass sich die Eigenkapitalquote erhöht. Es gibt allerdings auch potenziell nachteilige Auswirkungen, etwa ein Rückgang der Eigenkapitalrentabilität. Daher muss ein Unternehmen genau untersuchen, ob die Änderungen insgesamt zu begrüßen sind.

Die Auswirkungen auf den Jahresabschluss sind für professionelle Analysten erkennbar und können von ihnen rückgerechnet werden. Dies setzt fortgeschrittene IFRS-Kenntnisse voraus, über die nicht alle Bilanzleser verfügen. Analysten werden es aber honorieren, wenn die Höhe der stillen Reserven in selbstgenutzten Grundstücken transparent gemacht wird.

Buchwert-Anpassung alle drei bis fünf Jahre

Weiters ist zu bedenken, dass sich bei der Veräußerung der Grundstücke bei Anwendung der Zeitbewertung ein geringerer Veräußerungsgewinn ergibt. Die Veräußerung erfolgt in den meisten Fällen jedoch erst in ferner Zukunft, weshalb dieser Effekt unproblematisch ist. Nach IFRS ist es zulässig, nur unbebaute Grundstücke oder nur bebaute Grundstücke zu aktuellen Tageswerten in der Bilanz auszuweisen, in manchen Fällen auch kleinere Gruppen von Grundstücken. Darüber hinaus ist es nicht immer erforderlich, zu jedem Bilanzstichtag den Zeitwert des Grundstücks neu zu berechnen. Wenn diese nur geringfügig schwanken, reicht es aus, den Buchwert nur alle drei bis fünf Jahre an den aktuellen Zeitwert anzupassen. Banken verfügen bereits über entsprechende Gutachten über die aktuellen Zeitwerte ihrer Grundstücke, da sie diese für die Berechnung der regulatorischen Eigenmittel benötigen (§ 23 Abs 9 Z 1 BWG). Für sie würde kein Mehraufwand entstehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.4.2008)