Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Ex-Bawag-Chef Elsner hat der Prüfbericht zu den ersten Karibik-Geschäften "absolut nicht interessiert". Das ergab sich aus dem 85. Prozesstag, der zu einer Art "Rätselrallye des Sachverständigen" wurde.

***

Wien – Der 85. Verhandlungstag im Bawag-Prozess stand unter dem Motto "Mehr vom Selben" – es ging um Fragen, Sub-Fragen, Sub-Sub-Fragen und deren Beantwortung durch den Gutachter, Fritz Kleiner. Der Richterin "eindringliches Ersuchen, die Fragen, die teilweise eine Zumutung sind, etwas zu reduzieren" verhallte, ebenso der Hinweis des Staatsanwalts, der Sachverständige sei "nicht dazu da, eine Rätselrallye durch den Akt zu veranstalten; den Akt muss man schon selbst durchschauen".

Auf dem Weg in den zweiten Bawag-Prozess-Sommer thematisierte Richterin Claudia Bandion-Ortner am Montag noch einmal die ersten Karibik-Geschäfte und den kritischen Notenbankbericht von Juli 1994. Der Konnex zum Prozess: Elsner (er war damals einfaches Vorstandsmitglied, ab April 1995 Bawag-Chef) ist auch dieser Geschäfte wegen angeklagt (es gilt die Unschuldsvermutung). Seine Sorgfalt bei der Wiederaufnahme der Flöttl-Geschäfte im Juli 1995 und bei ihrer Kontrolle spielt strafrechtlich eine ganz wesentliche Rolle. Allerdings, so stellte sich bei Elsners Befragung heraus, "interessierte mich der OeNB-Bericht absolut nicht". Für ihn, Elsner, habe nur das darauffolgende Schreiben des Finanzministeriums (dort war damals die Bankenaufsicht angesiedelt; Anm.) an die Bawag Relevanz gehabt, und da sei von Mängeln nicht die Rede gewesen. Elsners Darstellung: "In der Prüfung der OeNB waren ja offenbar gewaltige Fehler, die Bawag hat dem Bericht daher widersprochen. Das Ministerium hat die Vorwürfe der OeNB in seinem Schreiben an uns nicht mehr gebracht."

Weitere Fragen, wie die, ob das Ministerium oder die OeNB sich intensiver mit der Bawag befasst haben, tat Elsner ab: "Fragen Sie doch den damaligen Finanzminister Lacina, der soll Ihnen den Prüfungsablauf erklären." Zumal er, Elsner, nach der Wiederaufnahme sowieso "nichts mit der Umsetzung der Geschäfte zu tun gehabt" habe.

Die Fakten: Die von OeNB und Finanzministerium beschickte Expertenkommission hielt 1994 fest, dass man die "Prüfungstätigkeit der OeNB" genau überwacht habe. Sie bemängelte "Art und Weise der Durchführung" der Karibikgeschäfte und monierte "erhöhte Aufmerksamkeit des Bankprüfers" (der KPMG).

Das Ministerium schrieb der Bawag am 28. Oktober 1994: "Es haben sich ... keine Anhaltspunkte ergeben, dass im Prüfungsbericht aufgezeigte Mängel auch für den sonstigen und nicht geprüften Geschäftsbereich der Bawag zutreffen." Und man gab den "dringenden" Auftrag zu Verbesserungen: "Überprüfung aller Geschäftssparten durch die Innenrevision (die wurde später aus den Flöttl-Geschäften ausgeschlossen; Anm.); detaillierte Berichtsaufzeichnungen über Revisionen auch vorstandsunmittelbar geführter Geschäftssparten; ausnahmslose Dokumentation aller Kundenbeziehungen; Abbildung der Geschäftstätigkeit in Rechnungswerk und Dokumentation. Nur unter dieser Voraussetzung ... kann die Überlassung bestimmter Funktionen der Risikoauswahl und des Risk-Managements an externe Stellen künftig als vertretbar angesehen werden." Zudem erinnerte der Vorsitzende der Expertenkommission, Alexander Gancz, die Bawag-Banker an die vorgeschriebene "Verbesserung der begleitenden Kontrolle von Krediten und deren Besicherungen".

Den Brief bekam Elsner zum Studium in seine Krankenzelle mit. Am Dienstag soll er etwas dazu sagen. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.4.2008)