STANDARD: Ab Montag diskutieren Delegationen von 190 Ländern über eine Nachfolgeregelung für das Kioto-Protokoll. Ist die EU wegen des internen Streits über Klimaschutz-Ausnahmen für die Großindustrie geschwächt?
Swoboda: Die EU-Kommission hat zu wenig Druck auf die anderen Staaten - von den USA bis zu China - ausgeübt, um das Abwandern von Betrieben in Länder ohne Klimaschutzauflagen zu verhindern. Das Abwandern von Betrieben, die dann die Umwelt verschmutzen und die Arbeitsplätze mitnehmen, kann nicht geduldet werden. Man muss sich jetzt überlegen, wie man durch eine CO2-Steuer oder Importabgabe den Klimaschutz in Europa bewahren kann, ohne Arbeitsplätze zu verlieren.
STANDARD: Das dürfte nicht in Einklang mit Welthandelsregeln stehen.
Swoboda: Dann muss man einen Weg finden, der WTO-konform ist. Da muss sich Europa auf die Beine stellen. Die Entscheidung aufschieben ist ein Problem.
STANDARD: Die EU-Chefs wollen noch heuer einen Beschluss.
Swoboda: Das ist sowieso irreal, denn das Europäische Parlament ist noch bis Juni oder Juli mit dem Energiepaket samt Unbundling (Trennung der Stromnetze von der Produktion, Anm.) beschäftigt. Vor den Wahlen 2009 wird zumindest die erste Lesung des Klimapakets erfolgen, die abschließende Einigung obliegt dann dem neuen Europaparlament.
STANDARD: Wie stehen Sie zu den vom Kanzler vehement geforderten Ausnahmen für große Emittenten?
Swoboda: Man wird gewisse Ausnahmen machen müssen. Aber die Industrie komplett von der Ersteigerung der CO2-Zertifikate auszunehmen halte ich für äußerst problematisch. Das würde heißen, dass überhaupt keine Anreize zum Energiesparen bestehen. Ich plädiere für Übergangsregelungen, um den Druck auf die Industrie aufrechtzuerhalten.
STANDARD: Bei den Autoemissionen will das EU-Parlament den Kommissionsvorschlag verwässern. Ist somit nicht auch beim Klimapaket ein industriefreundlicher Kurs zu erwarten?
Swoboda: Die Tendenz ist, nicht von den Zielen abzugehen, aber die Fristen zu erstrecken. Das ist eine gewisse Verwässerung. Das Parlament ist jedenfalls gegenüber den Mitgliedsstaaten auf der strikteren Seite.
STANDARD: Österreich will auch bei den Erneuerbaren Erleichterungen erwirken, haben Sie dafür Verständnis?