Albion (London): Kristian Ryokan ("Gullwing", 24.000 Dollar) an kuscheligem Design der Campagna Brothers (54.000 Dollar)

Foto: Kronsteiner

Dubai - Der Geltungsdrang hat das Normmaß hier längst überschritten. - wer auch immer in den aberhunderten Hochhäusern arbeiten und wohnen soll, die sich vor allem entlang der Sheikh Zayed Road auffädeln. Dubai ist tatsächlich eine einzige Baustelle, und etwaige Stadtplaner scheinen eher damit beschäftigt zu sein, von irgendwo her mehr als die installierten 47 Prozent aller weltweit verfügbaren Baukräne heranzukarren, als sich um einen wohlfeilen und erträglichen Gesamteindruck zu kümmern.

Die Atmosphäre wirkt, als ob an der oberen Adria ein Manhattan aus dem Wüstenboden gestampft wird. Und dem Wetteifern um den Superlativ - der Burj Dubai soll als höchstes Gebäude der Welt mindestens 700 Meter hoch werden und 162 Stockwerke haben, die parallel zu jedem anderen höhenvergleichbaren Bauvorhaben unseres Planeten aufgestockt werden soll - haftet schon etwas Infantiles an.

Grenzen sind etwas für andere. Wo kein Festland mehr vorhanden ist, entstehen künstliche Inseln, Unterspülungen derselben sind kein Problem, sondern eine Herausforderung. Höher, schneller, weiter, das ist in diesem Emirat Philosophie. Das künftige Kunstmekka Abu Dhabi, welches auch mit Unterstützung des Louvre erblühen wird, liegt gerade mal eine zweistündige Autofahrt entfernt.

Schon deshalb gilt es flott einen entsprechenden Handelsplatz zu etablieren, dessen Entwicklung seit 2005 beispiellos schnell voranschreitet. Auch weil man von der geografischen Lage enorm profitiert, als Hub zwischen Osten und Westen, jeweils sieben Stunden Flugzeit von London und China entfernt.

Mit der Eröffnung einer Christie's-Repräsentanz begann der internationale Kunstmarkt in jenem Jahr seine Fühler auszustrecken. 2006 fand die erste Versteigerung statt, seit damals setzte man stolze 61,4 Millionen Dollar um, davon 53 Millionen allein 2007. Eine aktuelle, von Christie's veröffentlichte Umfrage bescheinigt ein erhebliches Reservoir, neben Immobilienbesitz hat sich Kunst zur Anlagealternative gemausert, 40 Prozent der Befragten führten an, in den kommenden fünf Jahren vermehrt in solche zu investieren. Anfang März gab Bonhams als zweites internationales Auktionshaus ein eindrucksvolles Debüt und setzte mit 13 Millionen Dollar annähernd das Dreifache der Erwartungen um.

Erstmals überschritt man mit 1,04 Millionen Dollar für Farhad Moshiris Eshgh (Love) die magische Grenze für einen Künstler des Mittleren Ostens. In Dubai wird der Iraner von The Third Line vertreten, der führenden und dabei erst seit gut zwei Jahren aktiven Galerie. Anlässlich der Art Dubai vom 19. bis 22. März galt es dieses Preisgefüge flott zu adaptieren. Noch während der Preview aktualisierte man die Verkaufspreise, und dann waren die beiden Arbeiten The White Night und The Love Letter, inklusive des Vorhangs aus Swarovski-Kristallen, auch schon verkauft. Noch im vergangenen Jahr, bei der ersten Auflage der damals noch unter Gulf Art Fair firmierenden Messe, war diese Galerie die einzige lokale. Aktuell fand sich am Veranstaltungsort, dem Hotelressort Madinat Jumeirah, ein Quartett ein.

Das Besondere an dieser Messe ist mit Sicherheit auch der kulturelle Mix von Galerien aus Indien, Korea, Thailand, Mexiko, Brasilien oder dem Libanon. Insgesamt hat sich das Teilnehmerfeld innerhalb von zwölf Monaten beinahe verdoppelt: 66 Aussteller aus 30 Nationen, darunter mit Christine König, Gabriele Senn, Mario Mauroner und Ursula Krinzinger Galerien aus Österreich. Man muss es versucht haben, denn irgendwann wird es sich lohnen, lautet die allgemeine Devise. Ja, im vergangenen Jahr hätte sie schon Geschäfte gemacht, so Krinzinger. Aber derlei Ausflüge sind auch mit Kosten verbunden, 600 Dollar pro Quadratmeter, und die anderen Nebenkosten müssen erst mal eingespielt werden.

Im aktuellen Angebot stehen neuere Arbeiten des Iraners Nader Ahriman, mit Ann-Kristin Hamm eine Schülerin Albert Oehlens, Jonathan Meese, Eva Schlegel, Erwin Wurm oder Hans Op de Beeck. Im Gegensatz zu ihren Kollegen hatte Krinzinger vergangenes Jahr keine schlechten Erfahrungen gemacht. Bei anderen herrschte Basarstimmung, ja verlangten die wenig versierten Interessenten Rabatte von bis zu 40 Prozent. Zugesagte Besitzerwechsel wurden um Monate verzögert oder fanden nie statt. Potenzial ist vorhanden, weiß Krinzinger. "Die Locals haben enorm viel nachgeholt, man kommt nicht mehr nur, um zu staunen." Großen Profit hätte wohl kaum einer gemacht, "wir sind aus den Kosten raus".

Natürlich sei der Verkauf eine relevante Nebensächlichkeit, aber langfristig lukrativer sind andere Benefits: der Aufbau von Beziehungen zu Sammlern, Künstlern und anderen Galerien. Während sich der Messetross zur Armory Show in New York (27.-30. März) bewegt, sollte für die Agenda 2009 jedenfalls ein Abstecher nach Dubai eingeplant werden. Denn bereichernd sind die Eindrücke allemal. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3.2008)