Rolf Kersting (li.), Matt Boroff und Little Konzett (re.) sind Matt Boroff & The Mirrors, eine der besten Bands des Landes. Ihr am Freitag erscheinendes Album "Elevator Ride" besitzt, wie man so schön sagt, "internationales Format".

Foto: Hoanzl
Als Matt Boroff & The Mirrors übertreffen sie sich mit ihrem Ende dieser Woche erscheinenden Album "Elevator Ride" selbst.

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Wien - Wenn Matt Boroff den Eröffnungssong seines neuen Albums "cineastisch" nennt, der die Hörer "ins Album ziehen soll", trifft das den berühmten Nagel auf den Kopf. Narrativer Sprechgesang und trockene, leicht verhallte Gitarrenlicks, wie man sie von Ennio Morricone oder auch Chris Isaak kennt und schätzt, ziehen den Vorhang für das Album weit auf.

Licht bricht dabei nur spärlich in die Szene. Wenn es nicht nach einem blöden Heavy-Metal-Album klingen würde, könnte man hier "Welcome to the darkness" hinschreiben. Von wegen Film Noir, David Lynch, Pulp Fiction und dergleichen Assoziationen mehr.

Like A Train heißt das Stück, Elevator Ride das Album, das dritte des in Vorarlberg lebenden US-Amerikaners Matt Boroff. Genauer: des Trios Matt Boroff, das sich neuerdings Matt Boroff & The Mirrors nennt. Warum?

Boroff: "Das hatte hauptsächlich praktische Gründe. So muss ich nicht beständig erklären, dass ich kein Singer-Songwriter und solo unterwegs bin, sondern dass wir eine Band sind. Außerdem wäre es gegenüber Little Konzett, dem Schlagzeuger, und Rolf Kersting am Bass unhöflich, weiter bloß hinter Matt Boroff versteckt zu sein." Stimmt, verstecken muss sich niemand in dieser Band.

Aufgetaucht ist Matt Boroff 2004. Damals veranstaltete das Music Information Center Austria (Mica) einen Wettbewerb, bei dem Bands ihre Tonträger von Musikjournalisten rezensieren lassen konnten. Matt Boroff, der Anfang der 90er zu Hause in New York mit seiner ersten Band vor Nirvana gespielt hatte, nahm den Bewerb mittels Start-Ziel-Sieg und zählt seit damals zu den umtriebigsten heimischen Rock-Acts, die vor allem auch jenseits der Grenze reüssieren.

Europaweite Tourneen

Den Song No Meaning vom zweiten Album Ticket To Nowhere begehrte 2006 ein Telefonnetzanbieter für einen Werbespot. Der damals gerade Vater werdende Mittdreißiger willigte ein. Wissen Sie, was ein neuer Kinderwagen kostet? Eben. 2007 erhielt die Band den Austrian Video Award als Newcomer - ebenfalls für No Meaning. Das neue Album erscheint in Deutschland beim Major Sony. Ochsentouren rechnen sich eben doch: Deutschland, Tschechien, Slowakei, Schweiz, Italien oder England werden mittlerweile öfter bespielt als Österreich selbst.

Wie unterschiedlich fallen da die Reaktionen aus? Boroff: "In England fällt die Sprachbarriere weg. Da kippt das Publikum schneller rein. Die Texte beinhalten ja eine gewisse Portion Sarkasmus. Der wird dort leichter erkannt. Oft weiß das Publikum nicht genau, was es erwartet. Da kann es schon zu Momenten von ,uncomfortable silence' kommen. Mir macht das nichts. Ich finde das eher spannend."

Spannend ist auch, wie sich Boroffs Entwicklung anhand seiner drei Alben beobachten lässt. Zu den wild scheppernden, dabei immer präzise und leger zugleich gespielten Songs, die tendenziell in einem diffusen Blues-Gefühl verwurzelt sind, gesellt sich auf Elevator Ride eine Form von Souveränität, die sich in einer neuen formalen Breite niederschlägt. Dass Boroff dunkle Balladen heute von Klavierspiel "verunheimlichen" lässt, macht diese nachdrücklicher als zuvor.

Sein Gitarrenspiel klingt dazu scharf und sexy. Eine Art Rockabilly - durch den Wolf von Punk, Grunge und Wüstenrock gedreht. Alt, aber neu.

Boroff: "Trends kommen und gehen. Aber es gibt gewisse Dinge in der Musik, die bestehen bleiben. Wenn man sich diesen verbunden fühlt, muss man sie verstehen und sie erkunden. Man könnte sagen, wir versuchen eine Art ,Roots Music' zu spielen, ohne nach Museum zu klingen."

Wer hier an die US-Rock-Archäologen White Stripes denkt - genau so, nur anders! Die White Stripes können einem aber auch angesichts des Artworks in den Sinn kommen, das Matt Boroff & The Mirrors in steifer Pose und uralten Anzügen zeigt.

Boroff: "Diese Nähe zu den White-Stripes-Aufmachungen ist Zufall. Ich habe da dieses Buch über alte Fotografie. Aus einer Zeit, als die Kamera noch ein ganz neues Medium war. Damals wurden Fotografien wie Gemälde behandelt, weshalb alle immer so steif wirken. Das hat mir gefallen." (Karl Fluch/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. 3. 2008)