Zeljko Jukic (50) lehrte Mirna und Dinko nicht nur das Schwimmen.

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"Er weiß, was wir gegessen haben, wann wir schlafen gegangen sind und ob es auf der Uni anstrengend war." Auch deshalb, sagt Dinko Jukic, sei sein Vater Zeljko (50) der beste Trainer, den er und Schwester Mirna sich vorstellen können. Mirna (21) hat bei der Schwimm-EM in Eindhoven schon einmal Gold, Dinko (19) einmal Silber gewonnen, zu Ostern ist weiteres Edelmetall möglich. Beide sind olympiareif, Kundige sagen Dinko eine tolle Karriere voraus.

Mirna und Dinko sollten nicht in Wien, sondern in Vukovar groß werden. Dort stand das Elternhaus von Zeljko Jukic, ein großes Haus mit zwei Garagen und 900 Quadratmetern Grund. Zeljko spielte in jungen Jahren Basketball, zweite jugoslawische Liga, er coachte und studierte Sport in Novi Sad, dort lernte er Mirela kennen, eine Volleyballerin, die Pädagogik und Bauingenieurwesen studierte.

1982 wurde geheiratet. 1986 kam Mirna, 1989 Dinko zur Welt. "Als Mirna fünf Jahre alt war", sagt Zeljko, "ging der Krieg los." Ein halbes Jahr lang lebte ganz Vukovar zeitweise im Luftschutzkeller. Dann wurden die Bombardements "wirklich schwer", und "alle mussten weg", nach Zagreb, wo Verwandte wohnten. Zeljko fand wieder einen Job als Basketballtrainer, zweite kroatische Liga, gründete einen Schwimmklub. "Schwimmen, mein zweiter Sport." 1994 hüpften die Kinder ins Becken, Mirna war acht Jahre alt, Dinko fünf.

Die Trainingsbedingungen in Zagreb waren schlecht, Ende 1998 telefonierte Zeljko Jukic nach Wien, er hatte gute Kontakte zum Schwimmverein Austria. Mitte 1999 kam er mit Mirna nach Österreich, ein Jahr später kam Dinko nach. Mirela blieb in Zagreb, sie hatte und hat einen festen Lehrauftrag an einer Kunstschule. Man sieht sich am Wochenende, meistens in Wien.

Die Kinder lernten rasch Deutsch, integrierten sich im Verein und in der Schule, maturierten und studieren nun. Der Vater konzentriert sich auf seinen Job als Austria-Coach. "Schwimmtrainer sein ist ein Beruf, kein Hobby." Auch in Wien gab's Probleme mit Bahnenverteilungen, 2007 drohte Jukic mit WM-Boykott, die Stadt konnte die Wogen gerade noch glätten.

Vielen gilt Zeljko Jukic als harter, ehrgeiziger Trainer, seine Kinder beschreiben ihn als liebenden Vater. Er hat sie jahrelang aufgeweckt, ihnen Frühstück gemacht, sie in die Schule gebracht, hat geputzt, gebügelt, gekocht. Und er sagt: "Ich würde sie genauso lieben, wenn sie nicht mehr schwimmen wollen." Nach Vukovar fährt Zeljko Jukic nicht mehr oft. Das Haus seiner Eltern wurde nach dem Krieg geplündert und niedergebrannt. Er sieht dort "keine Zukunft mehr", irgendwann aber wird er wohl zurückgehen nach Kroatien. Wenn die Kinder nicht mehr schwimmen. Und er nicht mehr weiß, wann sie schlafen gegangen sind. (Fritz Neumann, DER STANDARD, Printausgabe, Samstag, 22. März 2008)