Lhasa/Dharamsala - Die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erklärte am Freitag bei einem Treffen mit dem Dalai Lama im indischen Dharamsala, die Krise in Tibet sei eine „Gewissensfrage für die ganze Welt“. Die demokratische Spitzenpolitikerin verurteilte das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen die Demonstranten in Tibet und rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. „Wenn freiheitsliebende Menschen in aller Welt sich nicht zu China und den Chinesen in Tibet äußern, haben wir alle moralische Autorität verloren, uns zu Menschenrechten zu äußern.“

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte von China, die Informationssperre zur Lage in Tibet aufzuheben. „Wir wollen genau wissen, was in Tibet passiert ist“, sagte er. China schade sich selbst, wenn es ausländische Beobachter daran hindere, sich ein eigenes Bild der Lage zu machen. Eine Lösung könne nur im Dialog liegen. In New York verurteilten der Holocaust-Überlebende Elie Wiesel und 31 andere Nobelpreisträger China wegen des gewaltsamen Vorgehens. „Wir protestieren gegen die unvertretbare Kampagne, die die chinesische Regierung gegen unseren Nobelpreis-Kollegen, den heiligen Dalai Lama, führt“, heißt es in einem von Wiesel verbreiteten Aufruf. Im Internet werden Unterschriften für den Dalai Lama gesammelt.

Peking verschärfte Freitag die Fahndung nach Demonstranten, die sich an den anti-chinesischen Protesten beteiligt haben. Dazu wurden tausende Soldaten neu in die von Tibetern bewohnten Regionen im Westen Chinas verlegt. Neuen Angaben von Exiltibetern zufolge wurden bei den Unruhen in Tibet und der Nachbarprovinz Gansu insgesamt 99 Menschen getötet; Peking spricht von 16 Toten. Allerdings räumte es Donnerstag erstmals ein, dass die Polizei auch mit Waffengewalt gegen die Demonstranten vorgegangen sei. Vier Menschen seien Sonntag im tibetischen Teil der Provinz Sichuan erschossen worden. (AP/dpa/Reuters/DER STANDARD Printausgabe, 22./23./24.3.2008)