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"Bruno" bezahlte seine Neugierde mit dem Leben und wird jetzt pelziger Museumsstar.

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Linz - Was fehlt, sind noch ein paar kosmetische Korrekturen. Ein bisschen nachkolorieren im Nasen- und Lippenbereich, die braunen Augen aus Glas müssen noch poliert werden. Das künstliche Gebiss sitzt bereits perfekt. "Bruno" scheint für seinen großen Auftritt am 27. März zumindest optisch fit zu sein. Fast zwei Jahre nach seinem Abschuss nahe dem oberbayrischen Spitzingsee wird der einstige Problembär nun nach Ostern erstmals im Museum im Schloss Nymphenburg zu besichtigen sein. Welche Haltung er genau hat, bleibt bis dahin geheim. Es solle "eine Überraschung" werden, sagt Museumsleiter Michael Apel.

Nurmi im Museum

Mit seinen Eskapaden hatte "JJ1", Erstgeborener von Mutter "Jurka" und Vater "José", im Sommer 2006 weltweit Sympathien geweckt. Er tappte durch Ferienorte, verspeiste Schafe und Hühner, knackte Bienenstöcke, leckte Honig - und machte sich rechtzeitig davon, bevor die teuer aus Finnland eingeflogenen Bärenjäger auftauchten. Dennoch: Im Morgengrauen des 26. Juni 2006 brachten ihn zwei Schüsse zur Strecke. Ein ähnliches Schicksal ereilte 1994 auch den Ötscher-Bären "Nurmi" (Namenspate war übrigens der finnische Mittel- und Langstreckenläufer Paavo Nurmi). Auch er bezahlte seine Umtriebigkeit mit dem Leben und steht heute im oberösterreichischen Jagdmuseum.

Das Leben von Meister Petz ist also hierzulande nicht gerade bärig. Während die einen im Museum enden, verschwinden die anderen von der Bildfläche. Denn die heimische Bärenpopulation in den nördlichen Kalkalpen steht vor dem Aus: Von 35 Exemplaren, die dort in den vergangenen 18 Jahren nachgewiesen wurden, sind nur noch zwei übrig. "Nur noch der 19-jährige ,Djuro' und sein sieben Jahre alter Sohn ,Moritz' konnten durch genetische Untersuchungen sicher nachgewiesen werden", schildert Bärenanwalt Jörg Rauer im Standard-Gespräch die Situation. Die Spur verloren hat man zu "Elsa", einer Halbschwester von "Moritz". "Es scheint, als hätten wir mit Elsa jetzt auch noch das letzte reproduktionsfähige Weibchen verloren", bedauert Rauer.

Die Zahl der verschwundenen Bären sei auffallend hoch. "Man muss die natürliche Mortalität berücksichtigen. Und manche Bären sind sicher auch abgewandert. Aber trotzdem ..." Bärenanwalt Rauer wird nachdenklich. "Ich will jetzt nicht wieder auf die Jäger hinhauen. Faktum ist aber, dass es Indizien auf illegale Abschüsse von Braunbären in Österreich gibt", sagt Rauer. Mehr will der Experte dazu nicht preisgeben. Faktum ist auch, dass von den einst 35 Tieren nur neun nachweislich gestorben, 24 jedoch verschwunden sind.

Zuwanderung erwünscht

Der Wildbiologe sieht jetzt dringenden Handlungsbedarf: "Der Braunbär gilt als geschützt, und es ist daher die Verpflichtung Österreichs, etwas für die Bären im Land zu tun." Es gebe auch Überlegungen, wieder Bären auszusetzen. "Aber dazu will ich nicht zu viel sagen, sonst ist der Aufschrei gleich wieder groß." Erst vor rund einem Monat ist ein Ansiedelungsversuch gescheitert. Man war bemüht, für "Moritz" ein junge Bärin aus Slowenien einzubürgern. Das Land Salzburg lehnte jedoch ab. Eine Ansiedlung sei aufgrund der starken touristischen Nutzung des Salzkammergutes nicht erwünscht. "Moritz" bleibt also Single. Dennoch liegen die Hoffnungen der Bärenschützer in Slowenien. "Dort gibt es eine stabile Population. Und es wäre natürlich der Idealfall, wenn Bären ohne menschliches Zutun bei uns einwandern würden", hofft Rauer.

Im Moment scheint der Kärntner Boden für Bären nicht attraktiv genug für einen dauerhaften Aufenthalt zu sein. "Vielleicht sollten wir an der Grenze Honigtöpfe aufstellen", scherzt Rauer. Und eines sei klar: "Es muss Grenzen geben, die das Tier einzuhalten hat. Problembären werden es immer schwer haben". Und auch ein Bär will erzogen werden. "Das funktioniert nur in jungen Jahren. Es müssen Strafreize gesetzt werden, etwa mit Gummigeschoßen", erklärt Rauer den Umgang mit übermütigen Bären.

Bei einer unwahrscheinlichen Begegnung mit einem Bären raten Experten zu einigen Grundregeln: Ruhig bleiben, nicht weglaufen und den Bären nicht anschreien. Bei Wanderungen durchs (Bären-)Dickicht laut sprechen, rufen oder pfeifen. Wichtig dabei: Immer eine Melodie auf den Lippen haben, denn kurze Pfeiftöne können Tierlauten ähnlich sein.

Und zur Beruhigung: Braunbären sind zwar Allesfresser, bevorzugen aber üblicherweise in erster Linie pflanzliche Nahrung. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD Printausgabe, 19.3.2008)