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Theatralisch zerriss Silvio Berlusconi am vergangenen Wochenende das Wahlprogramm des Partito Democratico. Die Vorhaben seines Gegners Walter Veltroni seien das Papier nicht wert, auf dem sie stünden.

Foto: EPA/Daniel Dal Zennaro

Oppositionschef Silvio Berlusconi streckt seine Fühler ganz nach rechts aus. Um die Wahlen Anfang April zu gewinnen, will er auch auf die Stimmen der Faschisten nicht verzichten. Seine Partner sind verärgert.

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Seine maßlose Bewunderung für Benito Mussolini hat Giuseppe Ciarrapico noch nie verheimlicht. Als Verleger hatte er das Gesamtwerk des Duce publiziert, als Präsident des Fußballclubs AC Roma im Stadion gerne den rechten Arm zum römischen Gruß erhoben. Doch dass sich der 75-jährige Unternehmer am Montag in der Tageszeitung La Repubblica als "überzeugter Faschist" outete, provozierte einen Skandal. Denn Ciarrapico hatte nur wenige Stunden vorher ein Angebot von Silvio Berlusconi angenommen, auf dessen Liste für den Senat zu kandidieren.

Die Entscheidung des Cavaliere erwies sich als fatales Eigentor. Die jüdische Gemeinde äußerte Befremden, Berlusconis Bündnispartner, die aus Agenturmeldungen von der Entscheidung erfuhren, reagierten verärgert. Lega-Chef Umberto Bossi forderte Ciarrapico vergeblich zum Rücktritt auf. Postfaschistenchef Gianfranco Fini sprach von einer "Fehlentscheidung". Offenbar wollte Berlusconi mit der Kandidatur des wegen betrügerischen Bankrotts verurteilten Unternehmers der Rechtspartei La Destra Stimmen abgraben.

Berlusconi hatte auch am Wochenende mit einer dubiosen Geste für Diskussionen gesorgt. Auf einer Großkundgebung in Mailänder Sportpalast zerriss er demonstrativ das Programm seines Rivalen Walter Veltroni. Es handle sich um "wertloses Papier", verkündete er unter frenetischem Jubel Tausender Anhänger. An seinem Sieg ließ er keine Zweifel. Seine Koalition werde "in der Kammer mit 70 und im Senat mit 30 Sitzen Vorsprung" siegen.

Doch dass Berlusconi dem eigenen Optimismus nicht ganz traut, zeigt die Tatsache, dass er seinen kleineren Koalitionspartnern wie der Duce-Enkelin Alessandra Mussolini oder Ex-Premier Lamberto Dini nur Listenplätze für die Kammer anbot, wo eine sichere Mehrheit erwartet wird. Im Senat, wo ein Kopf an Kopf-Rennen möglich ist, will sich der 71-Jährige nur mit Getreuen umgeben, die ihm das Schicksal seines Vorgängers Romano Prodi ersparen.

Walter Veltroni holt auf

Vier Wochen vor der Wahl wächst die Zahl der Unentschlossenen. "Mit eurer Hilfe können wir es noch schaffen", ermuntert Walter Veltroni jenes Viertel der italienischen Wähler, deren Entscheidung noch ungewiss ist. Während der Vorsitzende des Partito Democratico mit seinem grünen Bus durch alle 110 Provinzen der Halbinsel tourt und auf die Begegnung mit der Bevölkerung setzt, konzentriert sich sein Gegner auf Fernsehauftritte und Großkundgebungen in wichtigen Städten. Nach Umfragen liegt Berlusconis Koalition bei 44 Prozent, der Partito Democratico bei 37. Die Christdemokraten kommen auf acht, die Linke auf sieben Prozent. Doch im Senat, wo Veltroni den Vorsprung seines Gegners auf 4,7 Prozent reduziert hat, könnte dank Mehrheitsbonus das Ergebnis in drei unsicheren Regionen entscheiden.

Veltroni will in wenigen Tagen jene 12 Gesetzesvorlagen veröffentlichen, die seine Regierung im Falle eines Sieges auf ihrer ersten Sitzung verabschieden möchte. Berlusconi verspricht dagegen eine rasche Rückkehr des Landes zur Atomkraft. Die Windenergie dagegen will er "aus Gründen des Landschaftsschutzes" ganz verbannen. 27 Listen wurden bis zum Ablauf der Frist am Montag eingereicht. Ex-Justizminister Clemente Mastella, der die Regierung Prodi vor sechs Wochen zu Fall gebracht hat, kandidiert nicht mehr. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2008)