Frankfurt - Ungeachtet der Finanzkrise gibt es weiter keine Anzeichen für eine Kreditkrise in der Euro-Zone. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag mitteilte, stieg die Kreditvergabe der Banken an die Unternehmen im Jänner um 14,6 Prozent (Dezember: revidiert 14,5) und lag damit so hoch wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 2000.

Die Vergabe von Krediten an private Haushalte blieb mit 6,1 Prozent dagegen weiter so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Erneut legten hier die Konsumentenkredite zu, während Hypothekendarlehen um 6,9 Prozent stiegen.

M3-Wachstum

Insgesamt blieb die Vergabe von Buchkrediten an den privaten Sektor mit 11,1 (Dezember: 11,2) Prozent stabil. "Wir sind nun gemessen vom Beginn der Finanzkrise ein gutes halbes Jahr weiter und die Banken verleihen immer noch Geld", kommentierte Gilles Moec von der Bank of America. "Es sieht also nicht so aus, als wären wir mitten in einer Kreditkrise." Auch Thorsten Polleit von Barclays Capital sagte: "Aus den Zahlen kann man keine Anzeichen herauslesen, dass wir eine Kreditklemme haben oder bekommen könnten."

Das Wachstum der für die Zinspolitik der EZB wichtigen Geldmenge M3 verlangsamte sich im Jänner etwas, blieb aber auf hohem Niveau. Im Vergleich zum Jänner 2007 stieg M3 bereinigt um 11,5 Prozent nach 11,6 Prozent im Dezember. Analysten hatten mit einem Wachstum von 11,4 Prozent gerechnet. Das Geldmengenwachstum liegt in der Euro-Zone schon seit Mitte 2001 deutlich über dem Referenzwert von 4,5 Prozent, bis zu dem die Geldversorgung laut EZB nicht zu einem stärkeren Preisanstieg führt. "Die monetäre Analyse legt damit weiter starke Aufwärtsrisiken für die Inflation nahe. Für die EZB bedeutet das, dass sie die Zinsen nicht senken kann", sagte Polleit. "Und noch etwas kann man aus M3 ableiten: Die Not der Banken scheint nicht so groß zu sein, wie wir das alle annehmen und wie es in der Öffentlichkeit gesehen wird."

Die Geldmenge M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen bis zu zwei Jahren Laufzeit.

Leitzins für die Euro-Zone

Die EZB hält den Leitzins für die Euro-Zone wegen der Finanzkrise seit Sommer bei vier Prozent. Aufgrund des starken Preisauftriebs müsste sie die Zinsen eigentlich weiter erhöhen, ihr sind allerdings wegen der sich verdüsternden Konjunkturaussichten derzeit die Hände gebunden. Viele Experten gehen davon aus, dass die EZB in diesem Jahr sogar eine Lockerung ihrer Geldpolitik beschließen und die Zinsen senken könnte. Die EZB hat jedoch anders als die US-Notenbank in erster Linie die Teuerung im Blick. Diese war im Jänner auf 3,2 Prozent gestiegen und lag so hoch wie noch nie seit Einführung des Euro. (APA/Reuters)