London/Washington DC - Ratten, Mäuse und Katzen gelten als die "Schrecklichen Drei" unter den invasiven Spezies: Wann auch immer sie - in der Regel mit Hilfe des Menschen - zuvor isolierte Biotope erreichen, richten sie enormen ökologischen Schaden an und rotten endemische Spezies reihenweise aus. Insel-Biotope sind davon besonders stark betroffen.

Die allesfressende Invasion

Den vielseitigen Ratten kommt dabei eine doppelt negative Rolle als Nahrungskonkurrent ebenso wie als Kleinräuber zu. Eine in der Wissenschaftszeitschrift "Conservation Biology" veröffentlichte Studie der World Conservation Union (IUCN) kommt gar zu dem Schluss, dass ein Viertel aller Seevögel durch eingeschleppte Ratten bedroht sei: Von insgesamt 328 Seevogel-Arten seien 102 bedroht oder zumindest stark unter Druck.

"Seevögel sind wichtige ökologische Akteure auf hoher See ebenso wie auf den Inseln. Allerdings sind 30 Prozent von ihnen vom Aussterben bedroht", meint Studienautor Bernie Tershy von der University of California in Santa Cruz. Die eingeschleppten Ratten stellten dabei die größte Bedrohung dar: Kleinere Seevogelarten oder jene, die am Boden oder in Felsnischen brüten, sind besonders gefährdet. Ratten plündern die Nester und greifen sogar die brütenden Elterntiere an.

Kampfansage

Fast 90 Prozent aller Inseln und Archipele sind heute auch von Ratten besiedelt - darunter viele, die früher außer Fledermäusen überhaupt keine einheimischen Säugetiere aufzuweisen hatten. Wie verheerend diese Zuwanderer für die endemische Fauna sind, konnten Forscher an der subantarktischen Inselgruppe Campbell Island, die heute ein UNESCO-Weltkulturerbe ist, feststellen: Innerhalb von nur 200 Jahren entwickelte sich hier eine der weltweit dichtesten Rattenpopulationen mit mehr als 200.000 Tieren auf 11.000 Hektar Fläche.

Gegenmaßnahmen mussten ergriffen werden: In einer "Säuberungsaktion" wurde Rattengift vom Flugzeug aus abgeworfen, zwei Jahre lang kämpften Umweltbehörden gegen die invasiven Nagetiere - bis Campbell Island 2003 schließlich für "rattenfrei" erklärt werden konnte. Heute gehört Campbell Island, das nur mit Erlaubnis der neuseeländischen Regierung betreten werden darf, wieder den Sturmvögeln, Pinguinen und Königsalbatrossen sowie drei endemischen Vogelarten, deren Erhalt den Hauptanstoß für die Maßnahmen gegeben hatte: der flugunfähigen Campbell-Island-Ente, der Campbell-Scharbe sowie der winzigen Campbell-Schnepfe.

Inseln unter Quarantäne

Andere Klimazone, gleicher Effekt: Die tropischen Seychellen-Inseln Cousine Island und Fregate gehören nicht nur zu den exklusivsten Feriendestinationen von Millionären, sondern stellen auch einzigartige Naturparadiese dar. Mit viel Geld wurden in jüngerer Vergangenheit alle Tier- und Pflanzenarten, die nicht heimisch sind, von den Inseln verbannt - zu den hartnäckigsten Invasoren zählten auch hier die Ratten, bodenbrütende Vögel und Landschildkröten waren ihre Opfer.

Beide Inseln sind seit einigen Jahren frei von Ratten - ein Status quo, der mit einigem Aufwand aufrecht erhalten werden muss: Damit sich keine weiteren Bio-Invasoren auf den Inseln breitmachen können, werden Touristen nur mit dem Helikopter eingeflogen und im flachen Wasser mit inseleigenem Boot abgeholt. (pte/red)