Das als traditioneller Verbündeter der USA geltende Costa Rica war bereits am Sonntag vorgeprescht und hatte die Kosovaren zur Unabhängigkeitserklärung beglückwünscht. Angesichts der vom früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit "ist die Entscheidung der Kosovo-Behörden verständlich, dass sie nicht mehr Teil Serbiens sein wollen", begründete das Außenministerium in San Jose seine Entscheidung zur Anerkennung des neuen Staates.
Was in Costa Rica als "Erfolg im Aufbau von Demokratie und Frieden" gefeiert wurde, löste in vielen anderen lateinamerikanischen Staaten eher Stirnrunzeln aus. Einige Staaten der Hemisphäre sind nämlich selbst in Territorialkonflikte verwickelt und wollen ihre diesbezügliche Situation nicht durch eine Anerkennung des Kosovo gefährden.
Argentinien gegen Anerkennung
Die argentinische Regierung etwa habe sich gegen eine Anerkennung entschieden, um nicht ihre Ansprüche auf die von Großbritannien besetzten Falkland-Inseln zu schwächen, schreibt die Zeitung "Clarin" unter Berufung auf Regierungskreise in Buenos Aires. Auf der Inselgruppe vor der argentinischen Küste leben fast ausschließlich britischstämmige Kelper, doch beansprucht Buenos Aires die Insel aus historischen Gründen trotzdem für sich - ähnlich wie Serbien den Kosovo. In Bolivien befürchtet Präsident Evo Morales, die nach mehr Autonomie strebende wohlhabende Region Santa Cruz könnte sich den Kosovo zum Vorbild nehmen und bei einem Autonomiereferendum am 4. Mai für die Loslösung von La Paz stimmen.
Den linksgerichteten Morales und seinen venezolanischen "Kampfbruder" Hugo Chavez bringt die Unabhängigkeit des Kosovo aber auch in anderer Hinsicht in die Bredouille. Die beiden hegen Sympathien für links angehauchte separatistische Bewegungen in Europa - wie etwa die baskische ETA -, würden aber im Fall Kosovo in einem Boot mit den "imperialistischen" USA sitzen. Aus ähnlichen Gründen hüllt sich wohl auch das kommunistische Kuba, das sonst immer ein offenes Ohr für Befreiungsbewegungen hat, bisher zum Thema Kosovo-Unabhängigkeit in Schweigen.
Bei Mexiko und Brasilien holten sich die Kosovo-Albaner fürs erste einmal einen Korb. Die beiden lateinamerikanischen Regionalmächte forderten Belgrad und Pristina nämlich in ersten Reaktionen auf die Unabhängigkeitserklärung zu weiteren Verhandlungen auf, "bis eine für beide Seiten annehmbare Lösung gefunden wird", wie es in einer Mitteilung des mexikanischen Außenministeriums vom Dienstag hieß. Man werde "die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen", teilten Ciudad de Mexico und Brasilia unisono mit.
UNO-Resolution 1244
Der brasilianische Chefdiplomat Celso Amorim äußerte die Befürchtung, dass eine Entscheidung zum Kosovo auch Auswirkungen auf andere abtrünnige Regionen haben könnte. Außerdem garantiere die geltende UNO-Resolution 1244 zum Kosovo die territoriale Integrität Serbiens. "Wir können die Resolutionen des Rates nicht so schnell verwerfen", sagte Amorim am Montag.