Gerhard Rühm, "Dichtung und Wahrheit", 1972, Collage auf Papier (36 Blätter).

Foto: Galerie Christine König

Bei Gerhard Rühm markieren die Grenzen der Sprache noch längst nicht die Grenzen seiner Kunst. Seit Anfang der 1950er-Jahre lotet er von der Dichtung herkommend die unterschiedlichsten visuellen und auditiven Mittel aus, um Gedichte musikalisch erfahrbar und Töne grafisch lesbar zu machen.

Die ältesten Arbeiten führen zurück in die Mitte der 1950er-Jahre. Damals galt der Künstler gemeinsam mit den anderen Herren der Wiener Gruppe als sogenannter "Sprachzertrümmerer". Bei Christine König sind mehrere Blätter zu sehen, für die Rühm Text- und Bildmaterialien aus Zeitungen verwendet hat. Unter dem Titel "Dichtung und Wahrheit" ist außerdem eine Collage zu sehen, für die er gefundene Bilder aus Zeitungen verwendet hat. Während er hier die Aufmerksamkeit auf die Differenz zwischen den Bildunterschriften und den abgebildeten "Wahrheiten" lenkt, greift er für seine "automatischen Zeichnungen" auf surrealistische Methoden zurück, und in seinen "Bleistiftkompositionen" versetzt er musikalische Notationen in Schwingung.

Unbedingt hörenswert sind auch seine Chansons: Er vertont darin Gedichte und Texte von Friedrich Achleitner ("zweifel") oder Oswald Wiener ("Ich bin wie die Tiere"), die in der musikalisch vorgetragenen Form mindestens genauso erkenntnisreich wie eingängig sind. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.2.2008)