Ansichtssache: Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Wien - Der 69. Tag im Bawag-Prozess zeigte vor allem eines: Alle warten auf den 70.Tag. An dem wird der ehemalige Chef des Bundeskriminalamts (BK), Herwig Haidinger, als Zeuge auftreten "und - hoffentlich nur kurz - gefragt, ob es einen konkreten Einfluss auf die Bawag-Vorerhebungen und Ermittlungen gegeben hat", verlieh Richterin Claudia Bandion-Ortner ihrem Optimismus in zeitlicher Hinsicht Ausdruck.

Im Übrigen stand am Montag die weitere Befragung von Gerichtsgutachter und Wirtschaftstreuhänder Fritz Kleiner auf dem Programm - und etliche neue Beweisanträge, deren Vortrag allein schon die Nerven der Richterin strapazierten. "Herr Doktor Schubert, wie lange dauert's denn noch", fragte sie Elsner-Verteidiger Wolfgang Schubert, "wenn das so weitergeht, verhandeln wir wirklich noch drei Jahre."

Ein scharfer Ball, den Schubert verbal mit dem sachdienlichen Hinweis abvolierte, es gehe "doch darum, die Wahrheit zu finden" - ein Vorhaben, das er wenig später mit reichlich Leben erfüllen sollte. Etwa mit dem Antrag, "alle Bankenprüfberichte der Notenbank von 1987 bis 2001 samt Korrespondenzen der Banken mit dem Finanzministerium herbeizuschaffen". Vorausgesetzt, das Gericht lässt den Beweisantrag zu, würde Schubert mit diesem durchaus interessanten Material beweisen wollen, dass die Geschäfte, die die Bawag mit Flöttl machte, in Österreich durchaus "üblich" waren.

Gleich abgelehnt wurde der Antrag von Peter Nakowitz' Verteidiger Rudolf Breuer: Er wollte Teile aus dem Gutachten Christian Imos verlesen, ausgerechnet jenes Gutachters, der im Herbst als befangen abgelehnt worden war. Nur für zwei Minuten ("Bitte alle sitzenbleiben, wir kommen gleich wieder", bat die Richterin) zog man sich zur Beratung zurück, um dann (auch Helmut Elsner war wieder in den Saal gekommen) die Entscheidung kundzutun: "Wir verlesen das nicht, sonst hätten wir Imo ja gleich behalten können."

Danach ein stundenlanger Weg zur Wahrheitsfindung. An die "tausend Fragen" wolle er dem Sachverständigen stellen, kündigte Schubert an - was die gereizte Stimmung im Gerichtssaal nicht wirklich zu heben vermochte. Punkt für Punkt, Textziffer für Textziffer arbeitete er sich durch das Gutachten, in dem das Verhalten des Bawag-Vorstands sowie das so genannte Handelsverhalten Flöttls in seine Einzelteile zerlegt wird. Einer der Kernsätze von Kleiners montägigen Erläuterungen: "Natürlich hätte Flöttl das Risiko streuen müssen."

Dessen Anwalt, Christian Hausmaninger, weckte an anderer Stelle Lust aufs Wiederkommen. Er versprach Aufklärung zum Verbleib jener 156 Millionen Dollar, deren Verschwinden Kleiner für nicht nachgewiesen hält. (gra, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.02.2008)