Kinder mit Migrationshintergrund müssen nicht nur sprachlich, sondern laut der SFU-Studie auch sozial gefördert werden.

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Wien - Oft wurden Sprachfördermaßnahmen in Kindergärten für Kinder aus Migrantenfamilien als unzureichend kritisiert, nun hat eine Studie der Sigmund Freud Universität in Wien die Annahmen bestätigt. Am Freitag wurde die Untersuchung mit dem Titel "Migration als Entwicklungsrisiko" präsentiert.

In den Kindergärten der Wiener Kinderfreunde, wo 14 Prozent der Fünfjährigen Sprachdefizite hatten, ließ Studienautorin Brigitte Sindelar 174 Fünfjährige, die mit dem "Sprachticket" des Bundes gefördert wurden, beobachten. Sie stellte fest, dass die Kinder nicht nur sprachliche Defizite hatten, sondern dass 90 Prozent auch in der sozialen Entwicklung das Niveau, das ihrem Alter entspricht, nicht erreicht hatten. Auch beim Pflegen sozialer Kontakte haben die Kinder Schwierigkeiten. In der Rubrik "Denken und Wahrnehmen" erreichten 98 Prozent der untersuchten Kids nicht das ihrem Alter entsprechende Niveau. Sprachförderung mittels CDs und Bilderbüchern hatte auch nicht die gewünschte Wirkung: 89 Prozent der Testpersonen blieben trotzdem in der Entwicklung zurück.

"Die Ergebnisse sind bildungs- und sozialpolitische Zeitbomben", sagt Sindelar. Die bestehenden Fördermaßnahmen, zu denen auch das verpflichtende Kindergartenjahr zähle, das ab dem kommenden Schuljahr eingeführt werden soll, könnten die Kinder aus dieser "Risikogruppe" nicht schulfit gemacht werden. Man dürfe die kindliche Entwicklung nicht auf Sprachentwicklung reduzieren, sagt Sindelar.

Eine Erklärung für die Defizite der Migrantenkinder: "Die sozialen Spielregeln sind anders definiert." Auf die neuen Spielregeln reagierten die Kids unterschiedlich, nonverbale Kommunikation werde anders verstanden. Weil sich die Kinder nicht in der neuen Sprache artikulieren können, komme es zu Missverständnissen. Sindelar fordert eine Individualisierung der Förderung.

Auch eine Studie der Uni Salzburg ergab, dass mit dem "Sprachticket" Geförderte signifikant schlechter abschnitten als jene Gruppe von Kindern, die keinen Sprachförderunterricht bekam. (Marijana Miljkovic/DER STANDARD Printausgabe, 16./17. Februar 2008)