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Die Grundschule in Vaerebro/Kopenhagen ging in der Nacht zum Freitag in Flammen auf.

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"Es ist alles spekulativ", sagt Noel Parker, außerordentlicher Professor am Institut für Politikwissenschaften an der Universität Kopenhagen, über die Ursachen der nächtlichen Unruhen.

Foto: Institut for statskundskab
Es ist etwas faul im Staate Dänemark. In der Nacht auf Freitag brannten in mehreren dänischen Städten Autos, Müllcontainer und sogar eine Schule. Die Feuerwehr war im Dauereinsatz. Sieben Jugendliche wurden festgenommen. Die Ursachen für die seit fünf Tagen andauernden Unruhen sind aber unklar.

Die Kopenhagener Polizei glaubt, dass marginalisierte Jugendliche für die nächtlichen Brände verantwortlich sind, weist aber gleichzeitig Vorwürfe, wonach die Polizei selbst die Unruhen provoziert habe, als "absurde Theorie" zurück.

Der Polizei war in den vergangenen Tagen vorgeworfen worden, bei Einsätzen im Stadtteil Nørrebro, wo viele Migranten leben aber auch die alternative Szene stark präsent ist, rassistischen Jargon benutzt, und damit die ohnehin angespannte Stimmung angeheizt zu haben.

Selbt für Leute vor Ort ist die Lage schwierig einzuschätzen. "Das ist alles sehr spekulativ", sagt Noel Parker, Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Kopenhagen im Gespräch mit derStandard.at. Im Moment wisse niemand, was konkret die Demonstranten antreibt.

Bekannt ist nur, dass alle verhafteten Jugendlichen Migrationshintergrund haben. Aber das sei kein Beweis, dass die Unruhen mit dem vereitelten Mordanschlag auf den Karikaturisten der Jyllands Posten, Kurt Westergaard, und der anschließenden Wiederveröffentlichung der Mohammed-Karikaturen zusammenhängen, so Parker. Die Unruhen begannen außerdem bereits am Sonntag - zwei Tage bevor die Attentatspläne öffentlich bekannt wurden.

Justizministerin Lene Espersen will mit "null Toleranz" gegen die jugendlichen Randalierer vorgehen. Gewalttätige Ausschreitungen zur Äußerung der eigenen Meinung seien "vollkommen unakzeptabel".

Auf der Suche nach den Ursachen

Auch andere mögliche Hintergründe für die Krawalle werden diskutiert. "Es könnte auch mit dem mittlerweile abgerissenen Jugendhaus (Ungdomshuset) zu tun haben - alles ist möglich", sagt Parker. Diese Möglichkeit wird aber von der dänischen Polizei mittlerweile mit dem Argument ausgeschlossen, dass die festgenommenen Jugenlichen nicht aus der alternativen Szene kommen und Migrationshintergrund haben.

Gewalttätige Ausschreitung sind, so Parker, aber kein gänzlich neues Phänomen in Dänemark. "Es gibt so etwas wie eine gemäßigte Riot-Tradition in Dänemark, das ist nur vom Rest der Welt nicht wahrgenommen worden", erklärt Parker. Vor allem rund um die Gründung von Christiania (eine selbstverwalteter Freistaat in Kopenhagen) habe es Ausschreitungen gegeben.

Angriff auf die Meinungsfreiheit

Die öffentliche Debatte rund um die Mohammed-Zeichnungen und den verhinderten Mordanschlag auf den Karikaturisten dreht sich um "die Muslime, die unser Recht auf freie Meinungsäußerung angreifen", sagt Parker. "Die Wiederveröffentlichung diente in der Öffentlichkeit dazu, dieses Recht erneut zu betonen", so Parker weiter. "Für die Öffentlichkeit dreht sich die Geschichte um den Karikaturisten als einen armen Dänen, der von feindseligen Moslems verfolgt wird", sagt Parker über die Stimmung im Land.

Die derzeitige Situation spiele natürlich der rechtskonservativen Folkeparti (Volkspartei) in die Hände. Die Argumentationslinie der Partei: Die Ausschreitungen kämen nicht überraschend, denn die Muslime seien nicht integriert. "Mit Integration meint die Folkeparti aber, dass Muslime alles aufgeben sollen was nicht dänisch ist", erklärt Parker. (mka, APA, derStandard.at, 15.2.2008)