Hommage an eine vergessene Frau: aus der Serie "Intaglio, Audrey Munson 2008" von Andrea Geyer.

Foto: Galerie Hohenlohe

... in der sie neben der Fortsetzung ihrer documenta12-Arbeit auch Teile eines neuen Projekts präsentiert. Sie spürt darin der Lebensgeschichte von Audrey Munson nach, die sich ihren Unterhalt im New York der 1920er-Jahre als Künstlermodell verdiente.

Es sind zwei sehr unterschiedliche amerikanische Geschichten, von denen Andrea Geyer in ihren beiden Projekten erzählt: In der zweiteiligen Fotogeschichte "Spiral Lands" ist es die mit der Kolonialisierung von Amerika einhergehende Vertreibung und Entrechtung der "Indianer", und in ihrem Projekt "Audrey Munson" geht sie der Lebensgeschichte einer Frau nach, die in den 1920er-Jahren ein bekanntes Künstlermodell war.

Neben zahlreichen nach ihrem Körper geformten Skulpturen hinterließ diese auch Zeitungsartikel, in denen sie sich über die Diskriminierung von Modellen beschwerte und deren Anerkennung eingefordert hat. In der Ausstellung hängen nun mehrere SW-Fotografien jener Skulpturen, für die Munson Modell gestanden hat, und darüber liegen jeweils verschiedene in Glas gravierte historische Bilder der Frauenrechtsbewegung, die nun kämpferische Schatten über die friedlich in sich ruhenden nackten Figuren legen. Erweitert wird die Lebensgeschichte von Audrey Munson durch Fotos von Bäumen, die Andrea Geyer in dem Park jener psychiatrischen Anstalt aufgenommen hat, in der das Künstlermodell den Großteil ihres Lebens verbrachte.

Andrea Geyer bricht die Sicht auf die Fotografien diesmal mit poetischen Texten, die von der Konstruiertheit normierten Verhaltens erzählen, und baut so eine (visuell) differenzierte Sicht auf Munsons Geschichte zusammen.

Ähnlich funktioniert auch ihre Arbeit "Spiral Lands", in der sie unser Verständnis der Geschichte der gewaltsamen "Geburtsstunde" der amerikanischen Nation ebenfalls durch die Kombination von Fotografien, fiktiven Erzählungen, historischen Dokumenten und philosophischen Texten zu verändern versucht. (cb / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.2.2008)