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Demos in Paris: TV-Mitarbeiter wehren sich gegen Sarkozys Pläne.

Foto: APA/Ena
Endlosmusik im Radio France-Inter, Endloskrimis auf TV France-Deux: Wer Mittwoch den französischen Staatsrundfunk einschaltete, bekam leichte Kost. Fast alle Beschäftigten von France Télévision, TV5 Monde, Radio France und Radio France International legten die Arbeit nieder, um gegen die neuen Finanzierungspläne der Regierung zu protestieren.

Präsident Nicolas Sarkozy hat im Jänner aus heiterem Himmel angekündigt, er will dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine "Kulturrevolution" verpassen. Er solle sich nicht mehr aus Werbung finanzieren, da er über Kulturthemen und nationales Schaffen berichten müsse. Vor allem die Linksopposition erwischte Sarkozy auf dem falschen Fuß. Sie hatte in der Vergangenheit selbst mit einem werbefreien Rundfunk geliebäugelt. Frühere sozialistische Regierung hatten aber davon abgesehen, weil die Umwälzungen zu gewaltig und die medienpolitischen Konsequenzen zu unvorhersehbar schienen. Nun befürchtet die Linke, dass Sarkozy die eher „kritische“ Berichterstattung von France-Deux und France-Trois sabotieren möchte, indem er ihnen die Mittel entzieht.

Profit für Sarkozys Freunde

Nutznießer wären zweifellos die großen Privatsender TF1 (jetzt schon Nummer eins in Frankreich), Canal Plus und M6. Der Aktienkurs von TF1 war stark in die Höhe geschnellt, als Sarkozy das Ende der staatlichen TV-Werbung ankündigte. Die politischen Gegner des Staatschefs hegen den Verdacht, dass dieser TF1 für seinen in letzter Zeit sehr regierungsfreundlichen Kurs belohnen will. Dies umso mehr, als TF1-Eigner Martin Bouygues ein Taufpate von Sarkozys Sohn ist. Seit neuestem will auch der Financier und Medien_investor Vincent Bolloré – der Sarkozys Ägyptenreise zu Neujahr teilweise finanziert hatte – ein Aktienpaket von TF1 übernehmen.

"Euro für Euro"

Für Aufregung sorgt Sarkozys Vorstoß vor allem bei den Fernsehsendern. Während sich Radiosender wie France-Inter heute nur zu acht Prozent über Werbung finanzieren, würde France Télévision jährlich 760 Millionen Euro an Einnahmen verlieren, wenn das Werbeverbot in Kraft träte. Sarkozy ließ versprechen, der Ausfall werde "Euro für Euro" durch andere Einnahmen gedeckt. Dazu solle auch eine neue Steuer auf den Umsatz der Privatsender herhalten. Die Beschäftigten von France Télévision, die gestern in Paris auf die Straße gingen, trauen diesen Versprechen aber nicht und befürchten einen Programm- und Stellenabbau. "Wenn Sarkozy wirklich keine Abstriche an Einnahmen und Programm machen will – warum wird dann die Übung überhaupt durchgezogen?", fragte ein Demonstrant. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD; Printausgabe, 14.2.2008)