Kopenhagen/Berlin – Die Krise um die Mohammed-Karikaturen hat Dänemark wieder eingeholt. Am Dienstag hat die dänische Polizei drei Personen festgenommen – sie sollen einen Mordanschlag gegen einen der Zeichner jener umstrittenen Karikaturen geplant haben, die die Zeitung Jyllands-Posten im Jahr 2005 veröffentlicht und damit in mehreren muslimischen Ländern blutige Proteste ausgelöst hatte.

Man habe über die Attentatspläne seit längerem Bescheid gewusst, so Dänemarks Geheimpolizei-Chef Jakob Scharf. Die Festnahme sei vorbeugend in einem „sehr frühen Stadium“ erfolgt. Am Donnerstag verlängerte ein Richter die Untersuchungshaft für zwei am Dienstag festgenommene Tunesier zunächst bis 12. März. Ein dritter Verdächtiger, ein Däne marokkanischer Abstammung, war nach einer Befragung freigelassen worden.

Laut Jyllands-Posten handelt es sich bei dem potenziellen Opfer um den 73-jährigen Kurt Westergaard. Seine Darstellung des Propheten mit einem Turban in Form einer Bombe mit brennender Zündschnur hatte einst die heftigsten Proteste ausgelöst. Er rechne damit, mit den „Nachbeben der wahnsinnigen Reaktionen“ auf die Zeichnung den Rest seines Lebens verbringen zu müssen, erklärte Westergaard, der unter ständigem Polizeischutz steht.

Der Journalistenverband forderte die zwölf Karikaturisten auf, sich „in der öffentlichen Debatte bedeckt zu halten“ und Stellungnahmen dem Verband zu überlassen. Man wolle keine „Maulkörbe“ verteilen, sondern den Zeichnern „die Konzentration auf ihre Arbeit“ ermöglichen, betonte Vize-Verbandschef Fred Jacobsen. „Ich hatte geglaubt, nun, nach zwei Jahren, seien die Drohungen Geschichte“, so Jacobsen. „Stattdessen befinden wir uns offenbar wieder am Ausgangspunkt.“

Der Karikaturenstreit hatte zu einer Verschärfung des ohnehin angespannten Verhältnisses zwischen der angestammten dänischen Bevölkerung und den Muslimen geführt. Er hatte der rechtspopulistischen Dänischen Volkpartei neuen Auftrieb gegeben, aber auch moderate Muslime mobilisiert. So hatte sich Naser Khader, jetzt Chef der im vergangenen Frühjahr gegründeten und inzwischen im Parlament vertretenen Neuen Allianz, mit dem Ruf nach einem Dialog profiliert.

In den vergangenen Monaten war zumal die zunehmende Radikalisierung muslimischer Jugendlicher aber immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Die Festnahme von acht Terrorverdächtigen mit Kontakten zur Al-Kaida im Herbst hatte die Furcht vor Terroranschlägen verstärkt. Anfang Februar hatte die Ankündigung der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen, die zwölf Mohammed-Karikaturen als „historisch wertvolle Objekte” in ihren Bestand aufnehmen zu wollen, Besorgnis über mögliche neue Racheaktionen von Extremisten hervorgerufen.

„Angriff auf Demokratie“

Sämtliche Parteien des Folketing verurteilten am Dienstag den Attentatsversuch als Angriff auf Demokratie und Meinungsfreiheit. „In Dänemark kann man nicht nur sagen und schreiben, sondern auch zeichnen, was man will. Die Regierung wird die Meinungsfreiheit verteidigen“, betonte Premier Anders Fogh Rasmussen. Seine rechtsliberale Parteikollegin Inger Støjberg kündigte einen „konzertierten Handlungsplan“ der Regierung gegen Extremismus und Radikalisierung an.

Der Sprecher des Islamischen Glaubensverbandes, Kassem Ahmad, erklärte, Dialog sei nun oberstes Gebot. Berlingske Tidende veröffentlichte in ihrer Internetausgabe vom Dienstag die umstrittene Karikatur. „Wir dänischen Medien müssen ein Signal an alle senden, die auf die gleichen wahnsinnigen Ideen wie jene kommen könnten, die Kurt Westergaard angreifen wollten“, so Chefredakteurin Lisbeth Knudsen. (red/Anne Rentzsch, DERSTANDARD, Printausgabe, 13.2.2008)